Prozess um Brandstiftung im Wiener PAZ - Feuer vor Abschiebung gelegt
Wien (APA) - Der Brand in einer Zelle im Polizeianhaltezentrum (PAZ) Hernals ist unmittelbar vor der Abschiebung von drei der sechs Insassen...
Wien (APA) - Der Brand in einer Zelle im Polizeianhaltezentrum (PAZ) Hernals ist unmittelbar vor der Abschiebung von drei der sechs Insassen gelegt worden, die damit offenbar die zwangsweise Rückführung in ihre Heimat verhindern wollten. Das ging aus fremdenpolizeilichen Unterlagen hervor, die am Freitagnachmittag bei der Verhandlung am Landesgericht erörtert wurden.
Das Feuer war am 14. September gegen 22.30 Uhr ausgebrochen. Einer der Insassen der Zellen hätte am nächsten Tag außer Landes gebracht werden sollen, zwei Mitgefangene wären am 17. bzw. 19. September zur Abschiebung angestanden. Laut Anklage waren zwei der drei Betroffenen die treibenden Kräfte bei der Brandstiftung.
Dass die Gefahr einer Feuersbrunst - wie von der Anklage inkriminiert - tatsächlich bestanden hat, dürfte aber fraglich sein. Zweifel daran nährte jedenfalls ein Brandermittler des Bundeskriminalamts, der am Tatort Ursachenforschung betrieben hatte. „Es war weit entfernt von einem Vollbrand. Es hat gerade zu brennen begonnen“, erklärte der Experte am Freitagnachmittag bei seiner Zeugenbefragung. Einen Brandsachverständigen hatten in dem Verfahren weder die Staatsanwaltschaft noch das Gericht von Amts wegen bestellt.
Dem sachkundigen Zeugen zufolge war das Feuer an vier verschiedenen Stellen ausgebrochen, indem im Bereich der Betten Matratzen, Decken und Handtücher angezündet wurden. In der Zelle wären „hohe Brandlasten“ vorhanden gewesen, die theoretisch zu einem Vollbrand führen hätten können. Die Ausbreitung von Heißgasen wäre im Bereich des Denkbaren gewesen, auch eine Zündung hätte es unter Umständen geben können. Auf die Frage nach der Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Feuersbrunst, meinte der Bundeskriminalamt-Beamte: „Das kann ich nicht sagen.“
Auch die Frage nach den getroffenen Brandbekämpfungsmaßnahmen blieb mangels eines beigezogenen Sachverständigen bzw. mangels Ladung eines informierten Vertreters der Wiener Berufsfeuerwehr offen. Der Beamte merkte lediglich an: „Es ist sicher Löschwasser eingebracht worden. Es ist alles geschwommen.“ Die ergänzenden Fragen von Verteidiger Martin Mahrer, der einen der Angeklagten vertritt, wie lange es bis zum „Brand aus“ gedauert hätte und ob das Feuer schon vor Eintreffen der Feuerwehr unter Kontrolle war, blieben unbeantwortet.
Die Sanierung der in Mitleidenschaft gezogenen Zelle kostete jedenfalls 73.000 Euro. Das gab ein Vertreter der Bundesimmobiliengesellschaft zu Protokoll, die eine Zeugenladung erhalten hatte.