Verein “Selbsthilfe Osttirol“: Osttirol weiß sich selbst zu helfen
Von Krankheiten und anderen Leiden Betroffene schließen sich zusammen, um Erfahrungen auszutauschen und einander Halt zu geben: Das ist das Konzept der Selbsthilfe. Der Osttiroler Verein bietet 51 Gruppen?an.
Von Catharina Oblasser
Lienz — Die Selbsthilfe Osttirol ist seit zehn Jahren als eigener Verein konstituiert und arbeitet unter dem Dachverband der Selbsthilfe Tirol. Die Idee, auf die sich Selbsthilfe im Allgemeinen gründet, ist der Austausch der Betroffenen untereinander. Menschen, die zum Beispiel an einer chronischen Krankheit leiden, finden sich bei Gruppentreffen auf Augenhöhe zusammen, tauschen Erfahrungen aus und geben sich gegenseitig Halt.
Bei der Generalversammlung der Selbsthilfe Osttirol vor wenigen Tagen zogen Obfrau Daniela Meier und Geschäftsführer Wolfgang Rennhofer Bilanz über die Entwicklung der Einrichtung. „Als eigener Verein sind wir schlagkräftiger und können gezieltere Arbeit leisten", resümiert Meier. Dem Tiroler Dachverband gehöre man nach wie vor an.
Gestartet ist das Selbsthilfe-Konzept in Osttirol schon 2002, damals mit fünf Gruppen. 2008 wurde ein Koordinationsbüro im Bezirkskrankenhaus eröffnet, die Zahl der Gruppen war auf 36 angewachsen. Heute sind es 51 Gruppen, die als Anlaufstelle für Hilfesuchende dienen: sei es bei Multipler Sklerose, bei Parkinson, Krebs, Ängsten und Depressionen oder Alkoholismus. Personen, die einen Schlaganfall erlitten haben, finden ebenso Unterstützung wie pflegende Angehörige, Diabetiker oder Eltern eines psychisch erkrankten Kindes.
Die Gründung einer neuen Gruppe geht formlos vonstatten, erklärt Obfrau Meier. „Es läuft so ab, dass ein Betroffener mit einem Vorschlag zu uns kommt. Wir veranstalten dann einen Info-Abend, um das Thema bekannt zu machen, und sorgen für Räumlichkeiten für die Gruppentreffen." Je häufiger eine Krankheit, desto größer die Gruppe, sagt Meier. Ein Beispiel dafür ist Parkinson.
Das Selbsthilfe-Büro im Krankenhaus Lienz fungiert als Drehscheibe und ist im Internet unter www.selbsthilfe-osttirol.at zu finden. Mittlerweile gibt es unter www.upforyouth.at auch einen Web-Auftritt für Jugendliche.
Maria Grander, Präsidentin des Dachverbandes der Selbsthilfe Tirol, gratuliert: „Die Sichtbarkeit der Selbsthilfe Osttirol ist sehr groß. Der Verein hat viel geleistet."
„Unser Treffen soll kein Kaffeeklatsch sein"
Peter Mair leitet seit zehn Jahren die Selbsthilfegruppe „Multiple Sklerose". Er selbst leidet seit 1977 an der Krankheit, bekam aber erst viel später die richtige Diagnose. Zum monatlichen Treffen kommen im Durchschnitt zehn Personen, gesprochen wird zum Beispiel über eine neue Therapie oder ein neues Medikament, das ein Mitglied gerade verschrieben bekommen hat. „Unser Treffen soll kein Kaffeeklatsch sein", stellt Peter Mair klar. „Jeder darf sich alles von der Seele reden, aber nicht die ganze Stunde lang." Er leitet die Gruppe für Multiple Sklerose nach dem Prinzip „AEIOU": Auffangen, Ermutigen, Informieren, Orientierung geben und nicht zuletzt Unterhalten. „Aber ich sage niemandem, so oder so musst du es machen", so Mair.
„Emotionen brauchen Zeit und Raum"
Renate Glanzl leitet seit zwölf Jahren die Selbsthilfegruppe „Netzwerk Pflege, Demenz und Alzheimer" für pflegende Angehörige. Sie selbst hat über Jahre ihre Mutter und ihre Schwiegermutter gepflegt, beide sind inzwischen verstorben. Die Gruppe trifft sich einmal im Monat. „Bei unseren Treffen kommen manchmal zwei pflegende Angehörige, manchmal auch mehr", erzählt sie. „Es gibt häufige Wechsel. Wenn der zu Pflegende stirbt, fällt auch der Grund für den Besuch der Gruppe weg. Wenn jemand neu zu uns kommt, ist er voller Emotionen. Diese Emotionen brauchen Zeit und Raum." Das neue Gruppenmitglied bekommt Gelegenheit, sich auszusprechen, erzählt Renate Glanzl, die sich als empathisch und feinfühlig beschreibt.