U-Boot-Affäre dominiert immer stärker Israels Wahlkampf

Jerusalem (APA/dpa/AFP) - In Israels Wahlkampf kocht die Affäre um die Rolle von Regierungschef Benjamin Netanyahu bei der Lieferung deutsch...

Jerusalem (APA/dpa/AFP) - In Israels Wahlkampf kocht die Affäre um die Rolle von Regierungschef Benjamin Netanyahu bei der Lieferung deutscher U-Boote wieder hoch. Während es zuletzt vor allem um Korruptionsvorwürfe gegen Netanyahu gegangen war, steht nun auch die Lieferung deutscher U-Boote an Ägypten im Zentrum der Kritik.

In einem seltenen und außerplanmäßigen Fernsehinterview trat Netayahu den Vorwürfen entgegen. Er wolle der „Welle von Lügen“ widersprechen, welche von den Chefs des zentristischen Parteienbündnisses Blau-Weiß verbreitet würden, sagte er in einem Interview im Sender Channel 12.

Netanyahu droht wegen verschiedener Korruptionsvorwürfe bereits eine Anklage. Seine politischen Rivalen werfen ihm nun zudem vor, er habe möglicherweise auf einen U-Boot-Deal mit dem deutschen Unternehmen Thyssenkrupp gedrängt, um die Kurse einer Firma in die Höhe zu treiben, an der er selbst Anteile hielt. Überdies könne sich Netanyahu des Landesverrats schuldig gemacht haben, weil er zudem einem U-Boot-Verkauf Deutschlands an Ägypten ohne Wissen des israelischen Verteidigungsministeriums zugestimmt habe.

Netayahu wies alle Vorwürfe zurück. Er habe seine Anteile bereits mehr als ein Jahr vor dem U-Boot-Deal Thyssenkrupps mit Israel verkauft. Überdies habe das entsprechende Unternehmen „nichts mit U-Booten zu tun“. Zum Vorwurf des Landesverrats sagte Netayahu, es handle sich dabei um eine „blutbefleckte Verleumdung“. Die Hintergründe für seine Zustimmung zu dem Verkauf an Ägypten seien aus Gründen der nationalen Sicherheit „geheim“, der nationale Sicherheitsrat Israels sowie der Generalstaatsanwalt hätten aber Kenntnis davon.

Netayahu hatte bereits am Freitag erklärt, er verklage seine Gegner wegen Verleumdung. Dennoch erschien er am Samstag im Fernsehstudio, um sich zu verteidigen. Israel wählt am 9. April ein neues Parlament. Blau-Weiß gilt als wichtigster politischer Gegner Netayahus.

Das deutsche Unternehmen ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) hatte Ägypten vor zwei Jahren zwei von insgesamt vier U-Booten geliefert. In Israel hatte der geplante Verkauf deutscher U-Boote an Ägypten zuvor für Kritik gesorgt, weil man befürchtete, den militärischen Vorsprung in der Region zu verlieren. Die deutsche Regierung genehmigte auch die Lieferung von U-Booten und Korvetten an Israel.

Netanyahu sagte dem Sender, er sei während der Präsidentschaft von Mohammed Mursi gegen die Lieferungen von U-Booten an Ägypten gewesen. Ägyptens Militär hatte den frei gewählten Mursi im Juli 2013 nach Massenprotesten abgesetzt. An der Spitze der Armee stand der heutige Präsident Abdel Fattah al-Sisi. „Beim Verkauf an Ägypten unter Al-Sisi habe ich nicht die Nase gerümpft“, sagte Netanyahu. „Die Gründe sind rein sicherheitspolitisch.“

Benny Ganz, inzwischen Netanyahus stärkster Gegner bei der Parlamentswahl am 9. April, sagte dazu in der Nacht zum Sonntag, es sei undenkbar, dass ein Regierungschef eine Entscheidung mit so großer strategischer militärischer Bedeutung im Alleingang treffe. „Das muss geprüft werden“, forderte Ganz.

Netanyahu hatte zuvor neue Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Kauf deutscher U-Boote für Israel entschieden zurückgewiesen. Israelische Medien hatten berichtet, der Generalstaatsanwalt prüfe neue Vorwürfe gegen Netanyahu. Dabei geht es um Aktien des Unternehmens SeaDrift, das später von GrafTech erworben wurde, einem Geschäftspartner von ThyssenKrupp.

Die Aktien habe Netanyahu in seiner Zeit als Oppositionsführer gekauft und gut ein Jahr nach seiner Wiederwahl als Regierungschef 2009 für 16 Millionen Schekel (umgerechnet rund vier Millionen Euro) wieder verkauft. Durch den Besitz der Aktien habe Netanyahu sich möglicherweise in einem Interessenskonflikt befunden. Es solle auch die Frage geprüft werden, warum Netanyahu die Aktien zum vierfachen Wert verkaufen konnte, obwohl SeaDrift, das seinem Cousin gehörte, schlecht abgeschnitten habe.

Ein ThyssenKrupp-Sprecher bestätigte der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag, dass es sich bei GrafTech um einen Geschäftspartner handle. „Es gibt aber keine Geschäftsbeziehungen zu Marine Systems“, sagte er. TKMS ist eine 100-prozentige Tochter von ThyssenKrupp.