EU-Pläne

Klingt wie Fleisch: Name „Veggieburger“ soll verboten werden

Wird das Lieblingsgericht vieler Vegetarier womöglich künftig "Veggie-Disc" statt wie bisher "Veggie-Burger" genannt?
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Im EU-Parlament gibt es Pläne, Produktnamen wie „Sellerieschnitzel“ oder „Soja-Steak“ in Zukunft zu verbieten. Eine Abstimmung am Montag wurde mit großer Mehrheit angenommen.

Innsbruck – „Sojamilch“ gibt es bereits seit letztem Jahr nicht mehr – zumindest nicht unter dieser Bezeichnung. Sie wird nunmehr als „Sojadrink“ bezeichnet. Zu groß sei die Verwechslungsgefahr für Konsumenten, die sie wegen des Zusatzes „Milch“ für ein tierisches Produkt halten könnten. Ein Verbot von Bezeichnungen wie „Sojajoghurt“ oder anderen veganen Produkten, deren Name an Milchprodukte angelehnt ist, wurde ebenfalls im Agrarausschuss des EU-Parlaments vorgeschlagen, wie der „Verein gegen Tierfabriken“ (VTG) auf seiner Webseite berichtet.

Richtig hohe Wellen dürfte aber ein weiterer Plan schlagen, der im weitesten Sinne Fleischprodukte betrifft: Sie sollen in Zukunft ihren Namen nicht mehr für die vegetarische Variante hergeben. Der Agrarausschuss schlägt vor, dass alles, was ursprünglich und meistens aus Fleisch besteht, nur mehr so bezeichnet werden darf, wenn es tatsächlich Fleisch enthält. Gemeint sind Begriffe wie „Wurst“, „Burger“ und „Schnitzel“ – beziehungsweise daran angelehnte Wortkombinationen wie „Sellerieschnitzel“, „Veggieburger“ oder „vegetarische Wurst“. Der Vorschlag sei laut zuständigem französischen Abgeordneten Eric Andrieu im Agrarausschuss mit großer Mehrheit angenommen worden, wie The Guardian und orf.at berichten. Dabei habe die Fleischlobby mit der Idee nichts zu tun, es gehe laut Andrieu allein darum, „Dinge zu klären“. „In unserer gemeinsamen Geschichte hießen Burger oder Steaks immer schon so, wir können sie nicht umbenennen“, plädierte er dafür, dass diese Namen Fleisch vorbehalten sein sollten. „Der Name ‚Steak‘ sollte nur richtige Steaks mit Fleisch bezeichnen, und all diese neuen Produkte sollten auch neue Namen erhalten. An dieser Front ist viel zu tun, und viel Kreativität wird gefragt sein“, sagte er weiters. Leute sollten wissen, was sie essen. Bevor die Pläne aber tatsächlich umgesetzt werden können, müssen sie noch das gesamte EU-Verfahren durchlaufen.

Probleme mit Vermarktung vegetarischer Produkte

NGOs und andere Verteidiger vegetarischer Nahrung fühlen sich von den Plänen angegriffen. Das Argument des Konsumentenschutzes kann etwa Harald Balluch, Geschäftsführer des „Verein gegen Tierfabriken“ (VGT), nicht verstehen: „Es lässt sich nicht nachvollziehen, warum plötzlich ein Burger ohne Fleisch nicht mehr als Veggieburger oder vegetarischer Burger bezeichnet darf. Wie sollte man diesen denn sonst nennen? Und soll uns hier wirklich weis gemacht werden, dass sich jemand, der einen Veggieburger bestellt, erwartet, dass in diesem Fleisch enthalten ist?“ Vielmehr gehe es laut ihm darum, die Vermarktung vegetarischer Alternativen möglichst schwer und unattraktiv zu machen. Und auch aus den eigenen Reihen in Brüssel kam leichte Kritik: Die grüne EU-Abgeordnete Molly Scott Cato, die im Guardian zitiert wird, zweifelte zunächst an der Motivation hinter dem Vorschlag der Umbenennung: „Der Verdacht kommt auf, dass die Fleischindustrie die Idee wegen der Befürchtung, junge Menschen würden weniger Fleisch essen, beeinflusst hat.“ Dass man sich dem Druck der Fleischlobby beuge, dementierte wiederum Andrieu. Vielmehr sei eine Neuregelung eine Chance für die Hersteller der fleischlosen Alternativen, ihre eigenen Bezeichnungen zu entwickeln.

Tatsächlich hängt der erfolgreiche Verkauf von vegetarischen Produkten dieser Art wohl oft damit zusammen, dass sie an Fleisch erinnern, aber keines beinhalten. Damit kommt umgekehrt der Boom von Fleischersatz der Fleischwirtschaft zugute, wie orf.at am Dienstag berichtete. Fast alle großen fleischverarbeitenden Konzerne würden derzeit versuchen, auf dem Terrain Fuß zu fassen. Nestle bestätigte am Dienstag, dass der fleischlose „Incredible Burger“ noch im April in den europäischen Supermarktregalen zu finden sein wird.

Rufe nach Namensverboten gibt es übrigens nicht erst jetzt. Bereits 2017 sagte der Österreichische Bauernbund „Sojawurst“ und „Tofu-Gulasch“ den Kampf an. Damals entschied der EuGH, dass künftig rein pflanzliche Produkte nicht mehr unter der Bezeichnung „Milch“, „Butter“ etc. angeboten dürfen. Das Fleisch soll nun folgen. Auch wenn deutliche Hinweise wie „fleischlos“ oder „vegetarisch“ am Produkt angebracht seien, suggeriere es „in Farbe, Form und Wortlaut ein Fleischprodukt“, wie Bauernbund-Präsident Jakob Auer damals erklärte. Zusatzhinweise könnten Verbraucher beim Einkaufen schnell übersehen.

„Veggie-Disc“ statt „Veggie-Burger“

Bisher aufgekommene Ideen für neue Bezeichnungen sind Geschmacksache, könnte man sagen. Der Guardian nennt „Veggie-Disc“ für den bisherigen „Veggie-Burger“ und „Soya-Slice“ (auf Deutsch in etwa „Soja-Scheibe“) statt „Soja-Escalope“ („Soja-Schnitzel“). Ob so eine Änderung tatsächlich ein Schlag gegen nachhaltige Lebensmittel wäre, wie es Greenpeace bezeichnet, und wie Konsumenten reagieren, wird sich zeigen. Kreativität wird jedenfalls gefragt sein. (anl)

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