Ständige Mitgliedschaft Deutschlands im Weltsicherheitsrat noch fern
New York (APA) - Die von Deutschland und vielen anderen Ländern seit Jahren angestrebte Reform des UNO-Sicherheitsrates wird wohl in den zwe...
New York (APA) - Die von Deutschland und vielen anderen Ländern seit Jahren angestrebte Reform des UNO-Sicherheitsrates wird wohl in den zwei Jahren der deutschen Mitgliedschaft hinter Themen mit größeren Erfolgsaussichten zurücktreten müssen. Eine ständige Mitgliedschaft im UNO-Sicherheitsrat bleibt weiterhin in weiter Ferne.
Obwohl Deutschland und Frankreich im Rahmen des Aaachener Vertrags Ende Jänner beschlossen haben, Deutschlands Bestreben nach einem ständigen Sitz im Sicherheitsrat gemeinsam voranzutreiben, wurde das Thema weder in Presse-Statements der beiden Minister Heiko Maas und Jean-Yves Le Drian am Montag am UNO-Sitz in New York, noch auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am Dienstag angesprochen. Der französische UNO-Botschafter Francois Delattre sprang anschließend ein: „Es bleibt unser langfristiges Ziel“, sagte der zur APA.
Im Vorfeld der deutschen Mitgliedschaft im Sicherheitsrat für die Jahre 2019 und 2020 hatte Maas wiederholt die Reform des Sicherheitsrates als einen der Schwerpunkte der deutsch-französischen Diplomatie erhoben. Konkret strebt Berlin seit Deutschlands Wiedervereinigung einen ständigen Sitz an. Beide Länder sind zurzeit im Sicherheitsrat: Frankreich, die USA, Russland, Großbritannien und China sind die fünf ständigen Mitglieder mit Vetorecht, Deutschland gehört seit Anfang des Jahres zu den zehn gewählten Mitgliedern.
Alle 15 Mitglieder haben jeweils einen Monat lang die Präsidentschaft des mächtigsten UNO-Gremiums inne. Frankreich führte im März den Vorsitz, Deutschland übernahm am Montag für April. Als Zeichen der in Aachen beschlossenen engen Zusammenarbeit haben die beiden EU-Staaten ihre Präsidentschaften erstmals zu einer „Zwillingspräsidentschaft“ verzahnt. Paris und Berlin wollen unter anderem bei der Krisenprävention in Afrika zusammenarbeiten, die weltweite Abrüstung vorantreiben, humanitäre Helfer weltweit stärker unterstützen und den Handel mit Kleinwaffen auf dem Balkan unterbinden.
Die Reform des Sicherheitsrates scheint heuer kein Thema mehr zu sein. Vorgeschlagene Änderungen müssten von einer Zweidrittelmehrheit der UNO-Mitgliedstaaten und darüber hinaus von den fünf ständigen Mitgliedern einstimmig ratifiziert werden - ein schier aussichtsloses Unterfangen, sagen Diplomaten und Völkerrechtler. Im März tagte ein für die Aktualisierung der UNO-Charta zuständiges Komitee der Generalversammlung, das sich jedoch nicht mit der Reform des Sicherheitsrates beschäftigte.
Textbasierte Reformdiskussionen fanden zuletzt Mitte der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts statt. Diese drehten sich um fünf Themenbereiche: Ständige und nichtständige Mitglieder, Veto-Recht, regionale Zusammensetzung, Größe eines reformierten Sicherheitsrates und die Beziehung des Rates zur Generalversammlung. Wie zu erwarten war, gingen die Positionen der unterschiedliche Gruppen auseinander.
Mit den Feindstaatenklauseln beschäftigte sich zuletzt eine Arbeitsgruppe des für die Charta-Reform zuständigen Komitees der Generalversammlung. Mehrere Staaten hätten jedoch verhindert, dieses Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Liechtenstein oder Palau waren es sicher nicht, scherzte ein Diplomat.
Als weiterer Stolperstein für eine ständige Mitgliedschaft Deutschlands könnten sich die Feindstaatenklauseln erweisen. Diese finden sich in den Artikeln 53, 77 und 107 der Charta. Als Feindstaaten bezeichnet die Charta jedes Land, das während des Zweiten Weltkriegs Feind eines Unterzeichners der Charta war. Unterzeichner waren im Wesentlichen die Siegermächte bzw. fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates. Ein Feindstaat wäre also unzweifelhaft Deutschland.
Im Urteil mancher Völkerrechtler wären die Siegermächte theoretisch berechtigt, Zwangsmaßnahmen gegen die Feindstaaten ohne eine Ermächtigung des Sicherheitsrates durchzuführen oder die Klauseln als politische Druckmittel einzusetzen. Andere sagen, die Klauseln seien durch den Beitritt der beiden damaligen deutschen Staaten zur UNO im Jahr 1973 obsolet, also bedeutungslos geworden. Wenn die Klauseln obsolet und kein Thema mehr sind, wie Maas und vor ihm der ehemalige deutsche Botschafter in Washington, Peter Wittig, der APA gegenüber erklärte, warum dann nicht weg damit?
Der an der University of Chicago lehrende Völkerrechtler Tom Ginsburg sieht es so. Rechtsinstrumente, sagt er auf Anfrage der APA, enthielten oft überholte Formulierungen. Es sei jedoch merkwürdig, dass solche Begriffe nicht bereinigt werden. Ginsburg: „Möglicherweise ist es auch eine Frage der Kosten und man nimmt an, eine Revision der Klauseln habe sowieso nur symbolischen Wert. Aber natürlich sind Symbole wichtig, so dass es ein gutes Argument dafür gibt, die Charta zu ändern.“
~ WEB http://www.un.org/en/ ~ APA036 2019-04-03/07:16