Test

AMG E 53: Sturm am Sternenhimmel von Affalterbach

Strotzt schon im Stand vor Kraft: AMG-Elemente verbinden sich harmonisch mit der Coupé-Silhouette.
© Fellner Reinhard

Der AMG E 53 als Essenz des Gran-Turismo-Gedankens. Ein Gesamtkunstwerk mit 435 PS macht Ausfahrten zu verkürzten Zeitreisen.

Von Reinhard Fellner

Innsbruck –Seit die Herre­n Hans Werner Aufrecht und Erhard Melcher 1967 die Mercedes-Edelschmiede AMG gegründet haben, gilt der nunmehrige Firmensitz Affalterbach als Gral automobiler Sternenanbeter. In der Tat sind die AMG-Hochleistungsfahrzeuge etwas ganz Besonderes. Mächtige Motoren treiben noble Mercedes-Karossen zu sportwagenhaften Fahrleistungen an – für viele eine traumhafte Symbiose. Vor allem für alle Gutbetuchten, die eigentlich gar keinen echten Sportwagen begehren.

Diesen Eindruck hinterließ auch unser jüngster AMG-Testwagen: das neue E 53-Coupé. Anders als in den 43ern kommt hier statt Sechszylindern in V-Form Daimlers neuer Reihensechser mit drei Litern Hubraum zum Einsatz.

Maschinen können sie in Affalterbach: ein geradezu ergreifendes Aggregat mit dem Zusatzpunch moderner Zeiten. So treffen auf 435 PS über den Hybrid-Kick des Startergenerators nochmals kurzzeitig 22 PS und summieren sich insgesamt an der Ampel oder an der Kehre zu geradezu brutalen 770 Newtonmetern Kraft. Ein Sturm von 4,4 Sekunden auf 100 km/h ist das Resultat.

All dies inszeniert die Auspuffanlage in einer Tonalität, die Liebhabern gehobener Automobilkultur die Tränen in die Augen treibt. Wählt man den Fahrmodus „Sport Plus“, gesellen sich Fehlzündungen hinzu, die einem die Nackenhaare aufstellen – ein wenig Tourenwagenfeeling, auch wenn im Sinne der Nächstenliebe nicht unbedingt tauglich für die Innenstadt.

Letztere beherrscht der E 53 als Luxus-Coupé natürlich ebenso. Neungangautomatik und aller Komfort machen diesen AMG bei Bedarf natürlich auch zur Wellness-Oase.

Doch jetzt auf die Passstraße. Vorbei ist es mit Boulevardcruiser. Vom ersten Meter an setzt sich der Turbo-Sechser geradezu übermächtig in Szene, kennt in keiner Phase des Drehzahlbands eine Schubunterbrechung.

Doch während frühere AMG gleich einem Anabolika-Bodybuilder oft vor lauter Muskeln kaum noch laufen konnten, bewegt sich der E 53 mit pfeilschneller Souveränität. Adaptive Dämpfer, das AMG-Speed-Shift-Getriebe, eine elektromechanische Parameterlenkung sowie ein heckbetonter Allradantrieb (Sport Plus 60:40) sorgen für lupenreines Handling mit Grenzbereichen für den Salzburg-Ring. So schnell fährt man ohne größere Mühen selte­n. Der E 53 pickt dabei derartig am Asphalt, dass auch in engen Kurven Drifts eher verhalten ausfallen. Das allerletzte Quäntchen an Wendigkeit und Spitzkehrengier fehlt dem AMG aber sowieso. Dies ist ein Gran Turismo in Reinkultur, einer der Sonderklasse.

Natürlich auch ideal für die deutsche Autobahn. Oder einfach im Stand das formschöne Coupé in Diamantweiß auf sich wirken lassen. Am besten am Pass beim Knistern von Aggregat und Bremsen.

Zuvor muss es allerdings noch im Portemonnaie klingeln. 103.750 Euro sollten da in Richtung Händler-Tisch rausfallen.

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