Slowakische Regierungskoalition schränkte fremde Hymnen ein

Bratislava (APA) - Mit der Annahme einer Vorlage der mitregierenden rechtspopulistischen Slowakischen Nationalpartei (SNS) hat das Parlament...

Bratislava (APA) - Mit der Annahme einer Vorlage der mitregierenden rechtspopulistischen Slowakischen Nationalpartei (SNS) hat das Parlament in Bratislava jegliches Singen oder Spielen von Hymnen eines fremden Staates in der Slowakei verboten. Ausgenommen sind nur Veranstaltungen, bei denen eine offizielle ausländische Delegation anwesend ist.

Die bereits in der vergangenen Woche angenommene Regelung rief empörte Reaktion im In- und Ausland hervor, wie slowakische Medien am Freitag berichteten. Heftig unter Beschuss geriet vor allem die ebenfalls an der Regierung beteiligte slowakisch-ungarische Versöhnungspartei Most-Hid (Brücke). Neun von 13 Mandataren der Partei, welche die Interessen der ungarischen Minderheit in der Slowakei vertreten sollte, hatten für die Vorlage der Nationalisten gestimmt.

Mit der Novellierung des Gesetzes über Staatssymbole wurde allerdings auch das Singen der ungarischen Hymne verboten, die von Minderheitsangehörigen als Teil ihrer nationalen Identität gesehen und unter anderem auch gewohnheitsmäßig in Kirchen gesungen wird. Most-Hid räumte ihren Fehler bereits ein und sprach von schlichtem Versehen.

Für die ungarische Minderheit handelt es sich jedoch um ein sehr heikles Thema. Die ungarische Hymne gehört zu den liturgischen Liedern ungarischer Katholiken und Angehöriger der reformierten christlichen Kirche, zu der sich gut 15 Prozent der rund 400.000 Ungarn in der Slowakei bekennen. Der Text der Hymne ist zugleich ein Gebet.

Wegen Missachtung des Gesetzes drohen jetzt Strafgelder in Höhe von bis zu 6.638 Euro. Diese drohen jedoch nur juristischen Personen, also zum Beispiel für Sportveranstaltungen verantwortliche Organisationen. Der bekannte Fußballklub DAC Dunajska Streda aus der mehrheitlich von Mitgliedern der ungarischen Minderheit bewohnten Südslowakei spielt die ungarische Hymne üblicherweise vor jedem Spiel der Mannschaft. Der Besitzer Oszkar Vilagi, einer der einflussreichsten Geschäftsmänner im Land, verkündet bereits, Strafe hin oder her, die Hymne werde einfach weiterhin gesungen.

Noch heftigere Reaktionen kamen inzwischen aus Ungarn. Die Jugend der extremistischen ungarischen Partei Jobbik wollte vor der slowakischen Botschaft in Budapest demonstrieren. Der parteilose slowakische Parlamentsabgeordnete Zsolt Simon, ebenfalls Angehöriger der ungarischen Minderheit, warnte vor drohenden Spannungen zwischen der Slowakei und Ungarn. Auf ungarischer Seite gebe es bereits Stimmen, die fordern, dass Budapest die diplomatischen Beziehungen mit Bratislava einstellt, erklärte er.

Ursprünglich hatte die SNS die Novellierung des Gesetzes über Staatssymbole lediglich als Reaktion auf ihren Streit mit dem slowakischen Eishockeyverband eingebracht. Der Verband hatte vor der bevorstehenden Eishockey-WM in Bratislava und Kosice neue Dressen der Nationalmannschaft vorgestellt, auf denen statt des Staatssymbols, dem traditionellen slowakischen Zweikreuz, nur drei Eishockeystöcke abgebildet waren.

Die Nationalisten sahen dies als Verspottung und fühlten sich dermaßen gestört, dass sie per Gesetzänderung dafür sorgen wollten, dass die Spieler ein Zweikreuz auf der Brust tragen müssen. Das Gesetz soll allerdings erst ab dem 15. Mai in Kraft treten - die WM beginnt aber schon am 10. Mai. Der Verband weiß auch jetzt noch nicht, in welchen Dressen die Nationalmannschaft antreten wird.

Für die Most-Partei ist das Missgeschick bei der Abstimmung ein großes Reputationsproblem, auch im Hinblick auf die bevorstehenden Europawahlen. Den Fehler wolle man schnellstens beheben. „Wir hatten uns mit Staatssymbolen befasst, uns ist dabei nicht eingefallen, dass das Wörtchen ‚nur‘ wirklich so weitreichende Konsequenzen haben könnte“, erklärte die Abgeordnete Iren Sarközy.

Damit brachte sie das Problem auf den Punkt. Im Gesetz stand bisher, „die Staatshymne eines anderen Staates wird gespielt, wenn seine offizielle Delegation anwesend ist“. Vor das Wort „wenn“ rutschte aber in der neuen Version ein „nur“. Die SNS bestreitet vehement, dass sie eine Attacke auf die ungarische Minderheit in Sinn hatte.

Die Abgeordnete Sarközy erklärte, die Most habe inzwischen mit Präsident Andrej Kiska vereinbart, er werde das neue Gesetz nicht unterschreiben und es dem Parlament zurückschicken. In diesem Sinne hatte auch Parteichef Bela Bugar bereits mit Kiska telefoniert. Der Staatschef hat aber sichtlich nicht vor, es den unaufmerksamen Abgeordneten einfach zu machen.

Am Freitag verbreitete der Präsidentenpalast eine Pressemitteilung, laut der Kiska Abgeordnete der Regierungskoalition „gerne bitten würde, dass sie zunächst einmal durchlesen, wofür sie stimmen“. Inzwischen hatten sich nämlich neben der Most auch schon Vertreter der anderen beiden Koalitionsparteien an den Präsidenten gewandt und gebeten, er solle die Novellierung nicht unterschreiben. Kiska wollte seine Entscheidung erst nächste Woche bekanntgeben.