Neues Depot fürs Landesmuseum: Kärntner Geschichte im Siedlungskarton

Klagenfurt (APA) - Wer derzeit das neue Depot des Landesmuseums Kärnten betritt, kommt sich vor wie in einer neu bezogenen Wohnung: Überall ...

Klagenfurt (APA) - Wer derzeit das neue Depot des Landesmuseums Kärnten betritt, kommt sich vor wie in einer neu bezogenen Wohnung: Überall stehen Kisten, die erst nach und nach ausgeräumt werden. Noch bis Herbst geht hier die wohl größte Übersiedlung Kärntens über die Bühne - mehr als zwei Millionen Exponate, vom millimeterkleinen Schmetterling bis hin zum 18 Quadratmeter großen Gemälde, bekommen ein neues Zuhause.

Das Sammlungs- und Wissenschaftszentrum, wie das neue Zuhause der Kärntner Geschichte in Klagenfurt heißt, kommt in den adaptierten Hallen einer ehemaligen Druckerei unter. Der eigentliche Name verweist schon auf eine Besonderheit: „Die wissenschaftlichen Abteilungen des Landesmuseums sind nur wenige Meter von der Sammlung entfernt untergebracht“, sagt Igor Pucker, der Leiter der Kärntner Kulturabteilung. 23 Objekte und Grundstücke hatte man unter die Lupe genommen, bis die Wahl auf das ehemalige Industriegebäude gefallen war, die Errichtungskosten werden mit knapp 7,7 Millionen Euro angegeben.

Neben Wissenschaft und Sammlung beherbergt das Gebäude auf insgesamt 6.000 Quadratmetern aber noch viel mehr - zum Beispiel die Organisation des Landesmuseums, Konservatoren oder Handwerker, die unter anderem die Flächen für Ausstellungen gestalten. Besonders stolz ist man auch auf den eigenen Anlieferungsbereich: Lastwagen werden in einer geschlossenen Garage entladen. Bevor die Exponate eingelagert werden, werden sie begutachtet - und etwa bei Möbeln ist es möglich, dass sie in Quarantäne kommen und zuerst einmal „entwest“ werden. Das bedeutet, dass sie in ein luftdicht abgeschlossenes Zelt gestellt werden, dem fünf bis sechs Wochen lang der Sauerstoff entzogen wird, um Holzwürmern oder anderen Schädlingen den Garaus zu machen.

Beim Transport von mehreren, teilweise in die Jahre gekommenen Depotstandorten ins neue Zentrum ist natürlich besondere Vorsicht geboten - denn für jedes Objekt gelten andere Voraussetzungen. Für den massiven Römerstein natürlich andere als für die etwa 4.000 hochzerbrechlichen Insektenkästen, Glasmalereien, Hunderte Jahre alte Holzfiguren oder historische Fotoplatten. Ebenso benötigen die verschiedenen Exponate auch unterschiedliche Lagerungsbedingungen - die mehr als 100.000 Minerale, Gesteine und Fossilien sind in Holzschubladen untergebracht, die Abteilung für Kunstgeschichte ist mit einer speziellen Gemäldezuganlage ausgestattet. Textilien stecken in lichtdichten Kartons, die Münzsammlungen in schweren Tresoren. „Manche Bereiche müssen klimatisiert werden, andere bewusst nicht“, erklärt Pucker - die grafische Sammlung benötigt eine Luftfeuchtigkeit von 55 Prozent, denn eine zu trockene Umgebung wäre auch wieder schlecht. Bis man weiß, wie das Gebäude „tickt“, wird es wohl noch ein Jahr dauern - etwa, wenn man abschätzen kann, wie sich Luftfeuchtigkeit und Temperatur in den verschiedenen Jahreszeiten entwickeln.

Der Gang durch das Depot ist aber schon ein Erlebnis für sich - nicht nur, was die schiere Menge der Exponate angeht. Die Zahl der Gegenstände, die gleichzeitig ausgestellt wird, liegt im „niedrigen einstelligen Prozentbereich“ der Sammlung, wie es von den Museumsverantwortlichen heißt. Die Exponate umfassen aber so gut wie alle Epochen - von Millionen Jahre alten Fossilien bis zu neueren Exponaten in der Abteilung für Zoologie, durch die der wissenschaftliche Geschäftsführer des Landesmuseums, Christian Wieser, mit sichtlichem Stolz führt.

„Wir sind ja ein Landesmuseum, das heißt, dass der überwiegende Teil der Exponate auch aus Kärnten stammt“, erklärt er mit Blick auf die Kästen voller Insekten, die fein säuberlich in die Regale geschlichtet sind. Trotzdem dürfen ein paar besonders prächtige Schmetterlinge und handtellergroße Käfer aus dem Regenwald nicht fehlen. Einen Raum weiter findet man unter den präparierten Wirbeltieren einige Kuriositäten, wie etwa einem am Kopf zusammengewachsenen siamesischen Kalbszwilling oder menschliche Totenköpfe. Eine weitere Tür führt in das „Alkohol-Lager“, wo Echsen und Schlangen in 70-prozentigem Alkohol aufbewahrt werden.

Bis im neuen Sammlungszentrum alles an seinem Platz ist, wird es wohl noch eine Weile dauern - so warten noch die rund 150.000 Bücher und Schriftstücke in 8.000 Kartons darauf, in die Regale in dem zweistöckigen Speicher eingeordnet zu werden. Und auch die Arbeiten in den restlichen Abteilungen werden die dutzenden Mitarbeiter des Landesmuseums noch auf Trab halten. Geduld ist schließlich auch für das Ausstellungshaus des Landesmuseums, das Rudolfinum, gefragt: Gehen Umbau und Sanierung reibungslos über die Bühne, so soll es Mitte 2021 wieder seine Pforten öffnen.