Brexit-Chaos und Entlastung für Banken im Fokus der EZB-Sitzung

Frankfurt (APA/Reuters) - Der Weg zur Zinswende wird für die Europäische Zentralbank (EZB) immer länger und holpriger. Zwei Themen dürften d...

Frankfurt (APA/Reuters) - Der Weg zur Zinswende wird für die Europäische Zentralbank (EZB) immer länger und holpriger. Zwei Themen dürften die Diskussionen der Währungshüter auf der Zinssitzung am Mittwoch in Frankfurt bestimmen: die möglichen Folgen eines ungeregelten Brexit für die Eurozone und die Frage von Erleichterungen für Banken angesichts der jahrelangen Niedrigzinspolitik.

Die Leitzinsen werden EZB-Präsident Mario Draghi und seine Kollegen wohl nicht antasten. Der Schlüsselsatz zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld liegt bereits seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent.

EZB-Vizechef Luis de Guindos warnte kürzlich, durch einen ungeregelten EU-Ausstieg Großbritanniens könnte sich das Wirtschaftswachstum im Euroraum noch deutlicher verlangsamen. „Im Rahmen der April-Ratsitzung dürfte Draghi sowohl die europäische Politik als auch die Marktakteure hinsichtlich dieser Risiken nochmals sensibilisieren“, sagt Christian Reicherter, Zinsstratege der DZ Bank. Die britische Premierministerin Theresa May hat EU-Ratspräsident Donald Tusk mittlerweile um eine Verschiebung des Austrittstermins auf den 30. Juni gebeten.

Auf der Pressekonferenz nach dem Zinsbeschluss dürfte Draghi auch darauf angesprochen werden, ob die EZB angesichts ihrer anhaltenden Tiefzinspolitik Geldhäuser entlasten will. Dazu lotet sie Insidern zufolge aktuell Optionen aus, die Nebenwirkungen der Strafzinsen für Banken ein Stück weit zu lindern würden. Der Strafzins wird fällig, wenn Institute über Nacht überschüssige Liquidität bei der Notenbank parken. Dieser Einlagensatz liegt momentan bei minus 0,4 Prozent und seit 2014 bereits unter null. Draghi selbst hatte die Diskussion über Erleichterungen für Banken kürzlich mit einer Rede angefeuert.

Die Commerzbank-Experten gehen davon aus, dass die EZB im Herbst beschließen wird, nicht nur bis Ende 2019, sondern bis Ende 2020 unveränderte Leitzinsen in Aussicht zu stellen. „Das würde jedoch die Banken vor allem im Norden der Währungsunion noch länger belasten“, sagt Chefvolkswirt Jörg Krämer. Als Ausgleich könne die EZB deshalb Freibeträge für den Einlagenzins einführen. „Banken müssten dann nicht mehr für die gesamten Überschussreserven Strafzinsen zahlen.“

All dies ist aber nach Einschätzung der Experten noch nicht beschlussfähig. Denn erst im März hatte die EZB entschieden, die Zinswende bis mindestens zum Ende dieses Jahres hinauszuschieben. Zugleich stellte sie in Aussicht, den Banken mit neuen günstigen Langfristkrediten unter die Arme zu greifen. Noch sind nicht alle Details der großen Geldsalven bekannt. Manche Volkswirte halten es daher für möglich, dass die EZB hierzu weitere Einzelheiten nennt.

~ WEB http://www.ecb.int ~ APA130 2019-04-07/12:56