Bezirk Kufstein

Wirbel um Schwoicher Deponie: „Sie wollten uns dumm sterben lassen“

An die 400 Interessierte kamen zum Infoabend. Albert Zawadil (u. M.) referierte über die Wirkung von Asbest auf den Körper.
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Heftige Diskussionen gab es beim Infoabend der Bürgerinitiative gegen die Schwoicher Baurestmassendeponie. Sorge um die Gesundheit, Kritik an fehlender Info und große Emotionen regierten den restlos gefüllten Saal.

Von Jasmine Hrdina

Schwoich –Dicht aneinandergedrängt, aber nicht gerade auf Kuschelkurs waren die Schwoicher am Donnerstagabend im Gasthof Neuwirt. An die 400 Interessierte waren der Einladung der Bürgerinitiative „Asbestgrube Schwoich – Nein Danke!“ (BI) zum Infoabend gefolgt – die Massen standen bis in die Gänge. Man sehe sich in der Pflicht, die Öffentlichkeit über die geplante Baurestmassendeponie, in der, wie berichtet, auch Asbestbeton gelagert werden soll, aufzuklären. „Nachdem die Gemeinde dies verabsäumt“, flogen gleich zu Beginn verbale Pfeile in Richtung des Tisches, an dem mehrere Gemeinderäte und BM Josef Dillersberger Platz genommen hatten. Als man Ende Februar erstmals durch die öffentliche Kundmachung von dem Projekt erfuhr, habe man eine „andere Vorstellung von einer Baurestmassendeponie gehabt“, räumte der Dorfchef ein und versprach einmal mehr einen „Schulterschluss“ mit den besorgten Anrainern. Für Ostermontag sei eine öffentliche Informationsveranstaltung geplant gewesen, die Frist für etwaige Einsprüche bei den Behörden endet jedoch bereits am 16. April, ärgerten sich die Zuhörer. „Das ist eine Farce, sie wollten uns dumm sterben lassen“, hörte man aus dem Publikum.

BM Josef Dillersberger.
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Die wichtigsten Argumente wurden auf eine Leinwand projiziert. Etwa, dass neben Asbest auch diverse Schlacken und andere gesundheitsgefährdende Stoffe nach Schwoich gebracht würden. Der Wind sei im Dorf viel stärker als in Kufstein – dies sei im Gutachten nicht berücksichtigt. Viele Wortmeldungen betrafen die Sicherheit. Zwar würden die Asbestbetonteile in speziellen Säcken angeliefert – was aber, wenn diese reißen? „Für die Mitarbeiter der Deponie gibt es einen riesigen Vorschriftenkatalog. Uns aber hat niemand geschult und uns gesagt, wie wir uns verhalten müssen, wenn die Asbestteile durch die Luft fliegen“, meinte Armin Hofreiter, BI-Sprecher und direkter Anrainer.

Aus Bad Häring war ein Hotelier angereist, der gleich das Ende des Tourismus rund um den Luftkurort prophezeite. Bezirkslandwirtschaftskammer-Chef Johann Gwiggner hielt es für bedenklich, „Giftstoffe in der Nähe von landwirtschaftlichen Flächen zu lagern, auf denen Lebensmittel produziert werden“.

Der breiten Front, die sich gegen das Projekt gebildet hatte, stellten sich auch Vertreter des künftigen Betreibers Rohrdorfer Umwelttechnik GmbH. Mike Edelmann und Herwig Glössl wagten den Versuch, einige „falsch interpretierte“ Informationen der Präsentatoren richtigzustellen. So entfallen laut Glössl entgegen den Annahmen vieler nur 10 Prozent der Deponiemasse (insg. bis zu 58.000 t pro Jahr) auf die toxischen Stoffe.

Armin Hofreiter (Bürgerinitiative).
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Der Unfallchirurg Albert Zawadil hatte zuvor über das Gefahrenpotenzial von Asbest referiert, das demnach besonders gefährlich sei, wenn sich die Mineralfasern in kleinere Partikel aufteilen. Die asbesthaltigen Platten werden vor Ort nicht zerschnitten, betonte Glössl, er hatte zur Veranschaulichung zwei der verteufelten Schindeln mitgebracht. Sein Kollege Edelmann brachte es auf den Punkt: „Wir planen hier keine Asbestdeponie!“ „Unterschreibst du mir, dass meine Kinder in 50 Jahren nicht krank werden?!“, fauchte eine Mutter dem Unternehmer entgegen – ohne Reaktion. Die Motivation der Betriebsvertreter, die Fragen der aufgebrachten Anrainer zu beantworten, war generell rasch erloschen. „Das Bundesgesetz ist keine Erfindung von uns“, sah man sich im Recht, dass die Anrainer bis auf die verpflichtende Kundmachung des Landes bisher keine Informationen über das Vorhaben erhalten hatten.

Am Ende der zweistündigen Debatte ersuchte das BI-Team alle Anwesenden, sich an der Unterschriftenaktion zu beteiligen. Auch sollten möglichst viele Bewohner um Parteistellung für das Verfahren ansuchen – wenngleich nur eine Handvoll diese auch erhalten würden, sei es doch ein deutliches Zeichen für die Entscheidungsträger des Landes, so Hofreiter. Die Behördenmitarbeiter dürfen sich nun auf 210 Anträge freuen, die noch vor Ort ausgefüllt wurden. Ob der Termin für die mündliche Verhandlung am 24. April damit überhaupt eingehalten werden kann, ist fraglich. Dort werden die Anrainer jedenfalls mit einem auf Verwaltungsrecht spezialisierten Anwalt antreten. Auch die Gemeinde rüstet sich dafür mit einem rechtlichen Beistand. Nach wie vor ist Dillersberger von der „Notwendigkeit einer Baurestmassendeponie im Tiroler Unterland überzeugt. Die Gemeinde wird aber alles tun, um die Asbestlagerung zu verhindern.“

Herwig Glössl (Rohrdorfer Umwelttechnik).
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