Nach Brand von Notre-Dame: Die bedeutendsten Rekonstruktionen
Die Kathedrale Notre-Dame in Paris muss nun mühsam wieder aufgebaut werden. Dieses Schicksal traf zuvor auch andere historische Bauten.
Paris – Auferstanden aus Ruinen: Das, was der Kathedrale von Notre Dame nun bevorsteht, haben zahlreiche der bekanntesten Bauwerke Europas bereits hinter sich – sie wurden nach Bränden, Bombentreffern oder schlicht statischem Versagen wiederaufgebaut. Im Nachfolgenden ein Überblick über die wichtigsten Rekonstruktionen Europas:
Berliner Schloss: Die größte Rekonstruktion als Einzelbauwerk ist derzeit noch im Entstehen: Das gigantische Berliner Schloss, der einstige Sitz der Herrscherdynastie der Hohenzollern, wird seit 2013 in der Mitte Berlins wiederaufgebaut. Die DDR-Führung hatte das von Bomben getroffene Schloss 1950 für einen Paradeplatz gesprengt, der später dem „Palast der Republik“ wich. Nach dessen asbestbedingten Abriss, entschied man sich schließlich zur weit über 600 Millionen Euro teuren Rekonstruktion. Unter dem Namen „Humboldt Forum“ wird vor allem die Stiftung Preußischer Kulturbesitz in dem riesigen Bau mit drei barocken und einer modernen Fassade zur Spree hin ab Ende 2019 ihre außereuropäischen Sammlungen zeigen.
Potsdamer Stadtschloss: Auch in Potsdam machte die SED-Führung nach dem Krieg Tabula rasa und ließ das aus 1751 stammende Rokokoschloss am Alten Markt abtragen. Nach längerer Diskussion um die städtische Brache, entschied man sich schließlich, das Bauwerk im Äußeren als Landtag Brandenburgs zu rekonstruieren, der 2014 eingeweiht wurde. Für die Mehrkosten der historischen Gestaltung sorgten nicht zuletzt prominente Großspender wie Günther Jauch oder SAP-Gründer Hasso Plattner. Noch fehlen zahlreiche der Figuren auf dem Dach, die in den kommenden Jahren durch einen Spendenverein aufgestellt werden sollen.
Frankfurter Altstadt: Ebenfalls in Deutschland und ebenfalls in jüngster Zeit entschied man sich zu einer ganzen Viertelauferstehung: Die Bankenmetropole Frankfurt am Main rekonstruierte zwischen 2012 und 2018 den Kern ihrer Altstadt unter dem Titel „Dom-Römer-Projekt“. Nach Abriss der Nachkriegsbebauung, die auf dem Kernareal einer bis zum Luftangriff 1944 mit 1.250 Fachwerkbauten größten mittelalterlichen Innenstädte Europas stand, schuf man 35 Neubauten, darunter 15 Vollrekonstruktionen historischer Altstadthäuser.
Dresdner Frauenkirche: Die Ruine der Dresdner Frauenkirche, des einstmals durch seine gigantische Steinkuppel berühmten protestantischen Sakralbaus, prägte für Jahrzehnte nach dem Krieg das Areal der einstigen Dresdner Altstadt. Nach der Wende gründete sich schnell ein Verein zu deren Wiederaufbau, der ab 1994 in Angriff genommen wurde. Sämtliche vorhandenen Steine des größten Sandsteinbaus der Welt wurden gesichert und sichtbar dunkler in den historischen Neubau übernommen, der sich seit 2005 wieder innen wie außen so präsentiert, wie ihn Architekt George Bähr vorgesehen hatte.
Teatro La Fenice in Venedig: 1996 wurde Venedigs berühmtes Opernhaus La Fenice während Renovierungsarbeiten von zwei Handwerkern in Brand gesteckt, die eine Konventionalstrafe umgehen wollten. Das Haus brannte gänzlich nieder. Man entschied sich zum originalgetreuen Wiederaufbau, den Aldo Rossi auf Basis des Originalbaus aus 1790 umsetzte. Die Wiedereröffnung unter Riccardo Muti fand 2003 als Konzertsaal statt, bevor man Ende 2004 auch die Bühnenmaschinerie fertigstellte. Der Phönix Fenice ist somit wieder aus der Asche gestiegen.
Campanile von Venedig: Ebenfalls in Venedig findet sich eine Rekonstruktion, die den meisten Besuchern als solche heute nicht mehr bewusst ist: Der Campanile am Markusplatz. Der 98,6 Meter hohe Glockenturm des Markusdoms stürzte 1902 nach Erdbeben und Blitzschäden in sich zusammen. Bis 1912 war die Rekonstruktion abgeschlossen – unter dem Motto „Com‘era e dov‘era“ – wie er war und wo er war.
Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale: Heute beherrscht die mächtige, 103 Meter hohe Goldkuppel der Christ-Erlöser-Kathedrale wieder Moskau. Dabei war das zentrale Gotteshaus der russisch-orthodoxen Kirche für Jahrzehnte aus dem Stadtbild verschwunden, hatte Stalin den Sakralbau doch 1931 abreißen lassen. Nach dem Fall der Sowjetunion wurde das an gleicher Stelle errichtete Schwimmbad jedoch abgetragen, und man machte sich ab 1995 an die Wiederherstellung der aus 1883 stammenden Kirche. Seit dem Jahr 2000 lockt somit wieder einer der höchsten orthodoxen Sakralbauten überhaupt die Gläubigen ans linke Ufer der Moskwa.
Warschauer Altstadt: Als markantes Beispiel für Großrekonstruktionen gilt der Wiederaufbau der kriegszerstörten Warschauer Altstadt mit ihren Hunderten Häusern nach dem Weltkrieg. Zwischen 1946 und 1953 erfolgte die äußere Rekonstruktion des Areals, dem in den 1980ern die Wiederauferstehung des Königsschlosses folgte. Mittlerweile ist die Altstadt der polinischen Hauptstadt als Weltkulturerbe von der UNESCO anerkannt.
Brücke von Mostar: Ihre Wiederauferstehung war als symbolische Überwindung des Krieges gedacht: Die legendäre Brücke von Mostar, die Stari Most, in der bosnisch-herzegowinischen Stadt war 1993 im Zuge des Bosnienkriegs zerstört worden. Mit Gestein aus dem historischen Steinbruch wurde dieses markante, oftmals auch in der Literatur gepriesene Bauwerk bis 2004 wieder rekonstruiert – gefördert von Weltbank und UNESCO.
Redoutensäle der Hofburg: Der vermutlich markanteste heimische Fall einer Rekonstruktion wurde nötig, als in der Nacht vom 26. auf den 27. November 1992 ein Teil der Wiener Hofburg in Flammen aufging. Der Großbrand in der einstigen Habsburger-Residenz zerstörte einen Teil des Daches und das Obergeschoß beinahe vollständig. Der kleine Redoutensaal wurde in Folge originalgetreu restauriert, der große Redoutensaal indes neu gestaltet. Der Maler Josef Mikl setzte sich beim Wettbewerb durch und schuf markante Ölgemälde für die Anlage, während Manfred Wehdorn den einstigen Dachboden zum Dachfoyer ausbaute. 1998 wurden die Redoutensäle wieder in Betrieb genommen. Und seit 2017 dienen die Räumlichkeiten während der laufenden Umbauarbeiten des Parlamentsgebäudes als Ausweichquartier.