Lawinenunglück in Kanada

“David lebte für die Berge“: Lamas Eltern gaben Statement ab

David Lama galt weltweit als Ausnahmetalent.
© www.david-lama.com

Tirols Ausnahmealpinist David Lama, der Ötztaler Free-Climber Hansjörg Auer sowie der bekannte US-Alpinist Jess Roskelly wurden in Kanada von einer Lawine verschüttet. Die kanadischen Behörden gehen davon aus, dass alle drei Sportler verstorben sind. Am Freitag meldeten sich Lamas Eltern zu Wort.

Innsbruck, Icefields Parkway — Bei dem Lawinenunglück im Banff-Nationalpark in Kanada sind die beiden Tiroler David Lama und Hansjörg Auer sowie ihr US-Kollege Jess Roskelley vermutlich ums Leben gekommen.

Seitens des Außenministeriums gab es am Freitag noch keine offizielle Bestätigung für den Tod der beiden Tiroler. Zunächst müsse eine Bestätigung der kanadischen Behörden vorliegen, sagte Außenministeriumssprecherin Maria Holzmann. Die Betroffenheit in der Kletterer- und Bergsteigerszene ist groß.

Stellungnahme von Lamas Eltern

Am Freitagnachmittag meldeten sich die Eltern von David Lama auf der offiziellen Facebook-Seite ihres Sohnes zu Wort: "David lebte für die Berge und seine Leidenschaft für das Klettern und Bergsteigen hat uns als Familie geprägt und begleitet. Er folgte stets seinem Weg und lebte seinen Traum. Das nun Geschehene werden wir als Teil davon akzeptieren.

Wir bedanken uns für die zahlreichen positiven Worte und Gedanken von nah und fern, und bitten um Verständnis, dass es keine weitere Stellungnahme von uns geben wird. Vielmehr bitten wir David mit seiner Lebensfreude, seiner Tatkräftigkeit und mit Blick Richtung seiner geliebten Berge in Erinnerung zu behalten. Die Familien von Hansjörg und Jess schließen wir in unsere Gedanken ein."

Sponsor Red Bull trauert um Lama

David Lamas Sponsor Red Bull trauert um einen seiner größten Sportler. Man sei "zutiefst betroffen", dass zu befürchten ist, dass "unser guter Freund David Lama" auf tragische Weise ums Leben gekommen ist, hieß es in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

"David war ein stets besonnener und reflektierter Mensch, der von seiner Leidenschaft für den Alpinismus - geprägt durch seinen familiären Hintergrund - und seiner Liebe für die Berge angetrieben wurde", erklärte das Salzburger Unternehmen von Dietrich Mateschitz. Lama sei seit 2006 Mitglied der Red Bull-Familie gewesen. "Wir sind stolz, dass wir ihn auf seinen außergewöhnlichen Wegen begleiten konnten, und wir werden seine Aufrichtigkeit, seinen Hang zur Perfektion und seinen unermüdlichen Mut schmerzlich vermissen", so der Sponsor, der Familien und Freunden der drei vermissten Alpinisten - Lama, der Ötztaler Hansjörg Auer und der US-Amerikaner Jess Roskelley - seine aufrichtige Anteilnahme bekundete.

Lawine riesigen Ausmaßes

Am Donnerstag bestätigten die kanadischen Behörden den Lawinenabgang. In einer offiziellen Aussendung heißt es: „Die Sicherheitsexperten von Parks Canada haben sofort auf dem Luftweg reagiert und Anzeichen von mehreren Lawinen und Schutt mit Kletterausrüstung beobachtet."

Basierend auf der Beurteilung der Szene gehe Parks Canada davon aus, dass alle drei Mitglieder der Gruppe verstorben sind. Parks Canada spricht den Familien, Freunden und Lieben der Bergsteiger sein aufrichtiges Beileid aus.

Weitere Untersuchungen seien im Gange, aber aufgrund zusätzlicher Lawinen und gefährlicher Bedingungen vor Ort wären derzeit keine Rettungsmaßnahmen möglich. Niederschläge und starke Winde in der Vorhersage würden zu einer steigenden Lawinengefahr in der Region führen.

Die Ostwand des Howse Peak sei sehr abgelegen und ein außergewöhnlich schwieriges Ziel, mit gemischten Fels- und Eisrouten, die fortgeschrittene alpine Bergsteigerkenntnisse erfordere. Stephen Holeczi, Spezialist für Besuchersicherheit von Parks Canada, sagte bei einer Pressekonferenz in Lake Louise, dass sich die Alpinisten in einem sehr abgelegenen Gebiet bewegt hätten. Es handle sich um eine "hochtechnische alpine Route", die sich außerhalb der regulären Lawinenüberwachungs-Zone befände, so Holeczi zur New York Times. Die Bedingungen in dem Gebiet zum Zeitpunkt des Lawinenabgangs seien also nicht bekannt. Holeczi fügte jedoch hinzu, dass die warme April-Sonne das Risiko generell erhöhe.

Laut Brandon Pullan, Chefredakteur des kanadischen Kletter-Magazins Gripped, kamen Lama und Auer vor zwei Wochen in die Gegend. Die Route, die sie versuchten, nenne sich M16 und wurde nur einmal erfolgreich geklettert - vor etwa 20 Jahren.

Teilweise von Schnee bedeckte Körper

Lama und Auer waren mit dem ebenfalls sehr bekannten US-Alpinisten Jess Roskelley unterwegs. Auch er wird vermisst. Nach einen Bericht des Online-Portals der Regionalzeitung The Spokesman Review aus Spokane im US-Bundesstaat Washington, woher Roskelley stammt, waren die drei zuletzt im kanadischen Bundesstaat Alberta an der Grenze zu British Columbia unterwegs. Dort wollten sie eine schwierige Route auf den 3295 Meter hohen Howse Peak im Banff Nationalpark klettern.

Laut seinem Vater hätte sich Jess Roskelley am Dienstag melden sollen, was er offenbar nicht tat.John Roskelley hat dem Bericht zufolge daraufhin Mittwochfrüh (Ortszeit) die Behörden von "Parks Canada" alarmiert, die eine Suchaktion per Helikopter in Gang gesetzt hätten. Man habe einen ausgedehnten Lawinenkegel, Kletterausrüstung und einen teilweise von Schnee bedeckten Körper gesehen. (TT.com)

Der Ötztaler Hansjörg Auer bestieg unter anderem als erster Alpinist den 7157 Meter hohen Westgipfel des Lupghar Sar in Pakistan über die Westwand.
© Hansjörg Auer

Die größten Erfolge

David Lama wurde am 4. August 1990 als Sohn eines Nepalesen und einer Tirolerin in Innsbruck geboren und galt einst als Wunderkind des Kletterns. Der zweifache Jugend-Weltmeister (2004, 2005) gewann 2006 als 16-Jähriger als Erster einen Vorstieg- und Boulder-Weltcup in einer Saison. Nach WM-Bronze 2009 machte er sich in Richtung Alpinismus auf.

Einer seiner größten Erfolge war 2012 die erste freie Begehung der Kompressor-Route am Cerro Torre in den argentinisch-chilenischen Anden mit Peter Ortner. Am 25. Oktober 2018 gelang ihm die Erstbesteigung des 6895 Meter hohen Lunag Ri in Nepal über den Westpfeiler.

Der Ötztaler Hansjörg Auer (1984 geboren) vollbrachte auch beim Alpin- und Sportklettern bedeutende Leistungen. Bekannt wurde er vor allem durch die Free-Solo-Begehung an der Marmolata-Südwand in den Dolomiten im Jahr 2007.

Außerdem gelangen ihm bei mehreren Expeditionen Erstbegehungen und Wiederholungen in Patagonien, Pakistan und im Yosemite Valley.

Erinnerungen an Brunner werden wach

Es war auch in Kanada, es war auch eine Lawine — in einer Woche jährt sich der Todestag von Tommy Brunner zum 13. Mal. Der Tiroler Freeride-Profi von Weltformat verunglückte 2006 in British Columbia. Schicksal oder nicht: Just bei seinem vorerst letzten offiziellen Auftrag als Snowboard-Profi, just auf seiner allerletzten Fahrt bei Drehtagen für seine Ausrüsterfirma Quiksilver wurde Brunner von einer Lawine erfasst, in eine Gletscherspalte geschleudert und von einer sechs Meter dicken Schneeschicht verschüttet. Obwohl die Helfer den Tiroler rasch orten konnten, ging der Wettlauf gegen die Zeit verloren. Der Rumer wurde 36 Jahre alt.

Schon zehn Jahre zuvor war Brunner in Alaska unter einer Lawine gelegen, konnte aber rasch befreit werden und überlebte. Fortan gab es kaum noch einen Tag, an dem sich der ebenfalls leidenschaftliche Kletterer und Surfer nicht auch mit der Thematik Risikominimierung und Sicherheit auseinandergesetzt hätte. (m. i.)

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