Hansjörg Auer - Hoch hinaus mit Tiefgang

Innsbruck/Banff (Alberta) (APA) - Hoch hinaus, ein kurzes Leben lang. Der 35-jährige Ötztaler Hansjörg Auer war einer der markantesten Alpin...

Innsbruck/Banff (Alberta) (APA) - Hoch hinaus, ein kurzes Leben lang. Der 35-jährige Ötztaler Hansjörg Auer war einer der markantesten Alpinisten der Geschichte. Ein „Free Solo“-Kletterer buchstäblich ohne Sicherheitsnetz, ein Grenzgänger und authentischer Individualist, der sich gleichzeitig nachdenklich öffnen konnte - für so manch Wellentäler des eigenen Lebens.

Der 29. April 2007, der Tag, an dem Hansjörg Auer Geschichte schrieb - der Tag, der untrennbar mit ihm verbunden bleibt: Der ausgebildete Lehrer für Mathematik und Sport kletterte die 37 Seillängen und 1.220 Meter lange Route „Weg durch den Fisch“ (Schwierigkeitsgrad 7b+) in den Dolomiten als erster Mensch „Free solo“ - das heißt im Alleingang unter Verzicht auf technische Hilfs- und Sicherungsmittel. Die Begehung gilt als ein Meilenstein des Free Solo-Kletterns und ermöglichte ihm den Einzug in die ewige Kletterer- und Bergsteiger-Ruhmeshalle.

Immer wieder sorgte der aus der Gemeinde Umhausen stammende Auer „Free solo“ für Aufsehen - so etwa auch mit der Begehung der von Heinz Mariacher und Luisa Iovane erstbegangenen Route Moderne Zeiten (Schwierigkeitsgrad 6c+) an der Marmolata.

Die Leidenschaft für das Klettern, die zur Berufung wurde, erwachte früh in ihm und nahm mit zwölf Jahren erstmals so richtig Fahrt auf. Ab 2004 gelangen Auer bei mehreren Expeditionen Erstbegehungen und Wiederholungen, unter anderem in Patagonien, Pakistan und im Yosemite Valley - zum Beispiel die Kompressor-Route am Cerro Torre oder Eternal Flame an den Trango-Türmen.

Es blieb eine an Highlights reiche Karriere - bis zuletzt. Im vergangenen Jahr eröffnete der Tiroler am 7.157 Meter hohen Lupghar Sar West in Pakistan eine neue Route im Alleingang. Es war gleichzeitig die erste Durchsteigung der Westwand des Bergs.

Der Alpinismus war eine wesentliche Facette seiner Persönlichkeit. Doch nicht die einzige. Im Jahr 2017 veröffentlichte Auer die Autobiografie „Südwand: Vom Free-Solo-Kletterer zum Profibergsteiger“. Darin erzählte er, der mitunter auch öffentlich aneckte, freimütig von der Magersucht, die er letztlich überwinden konnte, sowie von Depressionen.

Das Vorwort zu dem Buch stammte von Reinhold Messner, der mit Auer eng verbunden war. „Auer kommt immer wieder zurück von Bergen, die kaum jemand kennt, und beschwört mit seinen Berichten die Launen der Natur. Wie ein Zauberer. Solange Typen wie Auer Gefahren und Schwierigkeiten in absoluter Exposition aufsuchen und offen darüber berichten, bleibt der traditionelle Alpinismus lebendig und spannend zugleich“, schrieb die Bergsteigerlegende. Am 16. April 2019 kam Hansjörg Auer leider nicht mehr zurück, von seinen geliebten Bergen.

Auch der 36-jährige Amerikaner Jess Rosskelley, der mit Lama und Auer in Kanada den Tod fand, war sein kurzes Leben lang mit dem Alpinismus verbunden. Jess, Sohn des bekannten Bergsteigers John Roskelley, sorgte vor allem im Jahr 2003 für ein alpinistisches Glanzlicht: Damals bezwang er im Alter von 20 Jahren zusammen mit seinem Vater den Mount Everest und war zu diesem Zeitpunkt der jüngste Amerikaner auf dem höchsten Berg der Welt. Der Rekord dauerte bis zum Jahr 2010 fort - bis der 13-jährige Jordan Romero ebenfalls den Mount Everest erklomm.