Ukraine-Wahl: Wie Poroschenko scheiterte

Kiew (APA) - Mit einem rechtsnationalen Wahlkampf hat es Petro Poroschenko zwar in den zweiten Wahlgang der ukrainischen Präsidentschaftswah...

Kiew (APA) - Mit einem rechtsnationalen Wahlkampf hat es Petro Poroschenko zwar in den zweiten Wahlgang der ukrainischen Präsidentschaftswahlen geschafft. Doch in der Stichwahl hatte er damit gegen Herausforderer Wolodymyr Selenskyj keine Chance. In weiten Teilen des Landes dominiert soziale Unzufriedenheit, zuletzt verstärkten auch Korruptionsvorwürfe ein traditionelles Misstrauen gegenüber den Mächtigen.

Die drastische Niederlage des amtierenden Präsidenten Poroschenko, der vor fünf Jahren noch in einem Wahlgang gesiegt hatte, hat insbesondere auch mit einer drastischen Fehleinschätzung ukrainischer Empfindlichkeiten zu tun: Unter dem Applaus national-orientierter Eliten war Poroschenko zuletzt deutlich nach rechts abgedriftet und besetzte Positionen, die in der Vergangenheit vor allem mit der rechtsradikalen Partei „Swoboda“ in Verbindung gebracht worden waren. Ohne dies öffentlich zu artikulieren sah eine große Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung diese Entwicklung äußerst skeptisch. Das gilt gerade in der ukrainischen Provinz, wo sich das Leben der Menschen fünf Jahre nach dem Maidan vielerorts nicht verbessert hat und weiterhin postsowjetische Tristesse dominiert.

Trotz offensichtlicher Verdienste des Präsidenten, darunter die Schaffung einer schlagkräftigen Armee, die den militärischen Konflikt mit von Russland unterstützten „Volksrepubliken“ eindämmte, oder Visafreiheit für ukrainische Staatsbürger im Schengenraum, kollabierten die Zustimmungswerte. Für zunehmende Probleme sorgten parallel auch Korruptionsvorwürfe gegen enge Mitstreiter des Präsidenten. Bei Poroschenko hoffte man dennoch, diese passive Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung mit Hilfe von „Polittechnologien“ auf seine Seite ziehen zu können. So organisierten Mitstreiter des Präsidenten 2017 den propagandistisch orientierten Fernsehsender „Prjamyj“, dessen Betrieb zwischenzeitlich Hunderte Millionen Euros gekostet haben dürfte.

Die regionalen Ergebnisse der Stichwahl zeigten aber auch, dass die rechtsnational orientierte Kampagne von Poroschenko grandios gescheitert ist: Poroschenko siegte lediglich in der Oblast von Lwiw (Lemberg), nicht einmal in den traditionell als äußerst nationalistischen geltenden westukrainischen Regionen von Iwano-Frankiwsk und Ternopil gab es am Sonntag noch eine Mehrheit. Auch die emotionale Konfrontation vom Freitag, auf die Poroschenko-Wahlkämpfer viele Hoffnungen gesetzt hatten, schadete: Im Stab von Poroschenko war am Sonntagnachmittag von internen Umfragedaten die Rede, wonach kurz nach dem Duell im Kiewer Olympiastadion die Zustimmung für Poroschenko etwa in der ukrainischen Hauptstadt um 7 Prozent sank.

Als unglaubwürdig erwiesen sich zudem Versuche, den Fernsehkabarettisten Selenskyj in die Nähe des Kreml zu rücken. Vorwürfe, er sei eine Marionette des umstrittenen Oligarchen Ihor Kolomojskyj, dürften für ukrainische Verhältnisse nicht sonderlich ehrenrührig gewesen sein.

Selenskyjs Kampagne vermied indes schwere Fehler. Gekonnt vermied der Herausforderer polarisierende Aussagen, die zumindest einen Teil seiner sehr inhomogenen Wählerschaft hätte verstören können und ließ eher über Modalitäten seiner Debatte mit Poroschenko diskutieren als über politische Inhalte. Er nützte seine Popularität als Fernsehstar und zeigte sein freundliches Gesicht vor allem auch auf Kolomojskyjs Fernsehsender „1+1“ - sowohl in der Fernsehserie „Diener des Volkes“, die ihn als fiktiven Präsidenten zeigte, als auch in Politsendungen als realer Präsidentschaftskandidat.

(Alternative Schreibweisen: Wladimir Selenski, Igor Kolomojski)