Sri Lanka - Internationale Pressestimmen zu Terroranschlägen

Colombo (APA/dpa/AFP) - Zu den Anschlägen in Sri Lanka und zum Kampf gegen den internationalen Terrorismus schreiben die Zeitung am Mittwoch...

Colombo (APA/dpa/AFP) - Zu den Anschlägen in Sri Lanka und zum Kampf gegen den internationalen Terrorismus schreiben die Zeitung am Mittwoch:

„El País“ (Madrid):

„Der ‚Islamische Staat‘ (IS) hat die Anschläge von Sri Lanka gestern für sich reklamiert. Die Behörden glauben, dass die Angriffe von nationalen Gruppen verübt wurden, die aber Unterstützung aus dem Ausland erhalten haben. Auch wenn er in Syrien vor kurzem eine Niederlage erlitten hat, ist der IS weiterhin sehr gefährlich. Nicht nur wegen seiner Fähigkeit, bei der Vorbereitung von Anschlägen zu helfen, sondern auch wegen der Anziehungskraft, die die Organisation mit ihrer nihilistischen Ideologie des Terrors ausübt. Schon in der Vergangenheit hatte der IS sich zu Anschlägen bekannt, bei denen er lediglich als Inspirationsquelle gedient hatte. Aber die Ereignisse in Sri Lanka beweisen, dass die Terrormiliz zwar geschwächt, aber noch lange nicht bezwungen ist.“

„Pravda“ (Pravda):

„Wenig überraschend hat sich nach einigen Tagen stolz der sogenannte ‚Islamische Staat‘ zu den Anschlägen in Sri Lanka bekannt. Das globale Programm des IS, nämlich die Aufforderung, dass Muslime die Feinde des IS überall angreifen, wo sie zu finden sind, ist ausreichend vage dafür, dass diese Terrororganisation immer wieder weitere solcher Siege verkünden kann, wo immer irgendeine Terrorgruppe zuschlägt, die sich zum Islam bekennt. (...)

Doch auch wenn die Erklärungen des IS nur Propaganda sein mögen: Sie hätten weit weniger Gewicht ohne die Tat des weißen Rassisten (Brenton Harrison) Tarrant in Neuseeland. Wir teilen zwar nicht die Logik des Karussells der ‚Rache für die Rache für andere Rachetaten‘, aber wir sind auch nicht das primäre Ziel von Rekrutierungskampagnen von Fanatikern aller Farben und Bezeichnungen. Denjenigen, die ein solches Ziel sind, bietet gerade diese absurde Rachelogik eine Rechtfertigung für das Planen neuer Tragödien.“

„Il Foglio“ (Rom):

„Die Erklärung des ‚Islamischen Staats‘ von gestern nennt nicht die Attacke auf die Moschee von Christchurch in Neuseeland im März (...) und angesichts der Komplexität des Massakers (...) ist sicher, dass es schon vorher in Planung war, wenigstens seit einigen Monaten.

Wenn überhaupt könnte man vermuten, dass die Ziele (vorher) andere gewesen waren, wie Botschaften und von Touristen frequentierte Orte, und dass der ‚Islamische Staat‘ dann entschieden hat, auf Kirchen zu zielen. Aber warum hätte er das tun sollen?

Der ‚Islamische Staat‘, wie er sich nennt, brauchte kein Blutbad in einer Moschee, um Attentate auf Christen und Kirchen zu verüben. Außerdem ist der Angriff auf die christliche Minderheit und die europäischen Touristen auch der beste Weg, um die Aufmerksamkeit der Medien zu bekommen und vor den Augen der Sympathisanten das (...) unrühmliche Ende der Gruppe in Syrien wieder gutzumachen.“

„Financial Times“ (London):

„Seit den Terrorangriffen auf New York und Washington am 11. September 2001 gibt es eine Sehnsucht nach einem finalen militärischen Sieg im ‚Krieg gegen den Terrorismus‘. Es gab danach etliche Momente, die als potenziell entscheidende Wendepunkte gepriesen wurden: der Fall des Taliban-Regimes in Afghanistan 2001, der Fall Bagdads 2003, die Tötung von Osama bin Laden 2011 und kürzlich die militärische Niederlage des IS in Syrien. Doch in den Jahren zwischen diesen ‚Siegen‘ im Krieg gegen den Terrorismus gab es Anschläge, die zunehmend globalen Charakter annahmen. (...)

Terroristen wollen ein normales Leben unmöglich machen und einen ‚Kampf der Zivilisationen‘ herbeiführen. Es ist die Aufgabe politischer Führer, Terroristen die Radikalisierung und die Abkehr von zivilisierten Normen zu verwehren, die sie provozieren wollen. Die Aufrechterhaltung normal funktionierender Staaten, die Freiheit und Persönlichkeitsrechte respektieren, wird der wahre Sieg im Krieg gegen den Terrorismus sein.“

„Frankfurter Allgemeine Zeitung“

„(...) Der Massenmord (...) vom Ostersonntag in Sri Lanka soll also so etwas wie ‚Vergeltung‘ für den Massenmord an Muslimen (...) in Christchurch (...) gewesen sein? Da konnte es nicht mehr lange dauern bis zur Selbstbezichtigung des ‚Islamischen Staates‘. Gegen dessen verquere Logik ist mit rationalen Argumenten nicht anzukommen. (...) Religiöse Autoritäten müssen die Millionen Muslime bestärken, die Tag für Tag durch ihr Verhalten zeigen, dass Islam eben nicht Mord und Totschlag ist. Sie müssen denen, die anfällig sind für die Parolen der Verbrecher, einen Weg zurück in die Mitte der Gesellschaften zeigen. Sie müssen aber auch Regierungen, die ihr Heil in immer radikalerer Anwendung angeblich gottgefälliger Strafen und innerem Terror suchen, die religiöse Legitimation entziehen. (...)

„Leipziger Volkszeitung“:

„‘Rache für Christchurch‘ ist eine mehr als laue Erklärung dafür, sich in einem Gottesdienst in die Luft zu sprengen oder im Frühstückssaal eines Hotels. Ein Massaker ist nicht mit Massakern zu heilen. Und wo die Vergeltungsspirale in dieser Logik beginnt und vor allem wo und ob sie endet, ist sowieso noch einmal eine ganz andere Frage. Das Ziel all dieser Anschläge ist ja ohnehin ein ganz anderes: Es geht darum, Verunsicherung zu schaffen und Zwietracht zu säen, nicht nur vor Ort, sondern weltweit. Es handelt sich um Destabilisierungsversuche. Provoziert werden sollen Misstrauen, Angst und Aggression, alles, was den Gesellschaftskitt auflöst.“

„Le Monde“ (Paris):

„In Sri Lanka haben die Terroristen von offenkundigen Sicherheitslücken profitiert. Sie wurden durch den Konflikt ermöglicht, der die Mächtigen seit der Krise im Oktober 2018 zwischen dem derzeitigen Präsidenten und seinem Regierungschef in Beschlag nimmt. Diese Rivalität hat offenbar dazu geführt, dass ein warnender Polizeibericht nicht zur Kenntnis genommen wurde. (...) Sri Lanka und seine 21 Millionen Bewohner erwachen nun unsanft.“