Brexit sollte keine Probleme mit Arzneimitteln bringen
Rund 2600 Arzneimittel werden in Großbritannien hergestellt. Engpässe in der Versorgung, Zollgrenzen und komplizierter werdende Transportwege könnten die Konsequenzen eines „Hard“ Brexit sein.
Wien, London – Wann immer Großbritannien endgültig aus der EU austritt - Probleme mit Arzneimitteln soll es nicht geben. Dies betonten am Mittwoch österreichische Experten bei einer Pressekonferenz in Wien.
„Mehr als 2600 Arzneimittel werden im Vereinigten Königreich hergestellt. Etwa eine Milliarde Arzneimittelpackungen passieren jedes Jahr den Ärmelkanal. Das sind monatlich etwa 45 Millionen Packungen, die monatlich in die (Rest-)EU verbracht werden und 37 Millionen Packungen, die von Großbritannien importiert werden“, sagte Alexander Herzog, Generalsekretär der Vereinigung pharmazeutischer Unternehmen (Pharmig).
Entwarnung für Österreich
Mögliche Engpässe in der Arzneimittelversorgung, neue Zollgrenzen und komplizierter werdende Transportwege könnten die Konsequenzen eines „hard“ Brexit sein. Hier habe die Pharmaindustrie vorgesorgt, erklärte Herzog. „Für Österreich können wir Entwarnung geben.“ Seit dem Austrittsbeschluss Großbritanniens habe man die Logistik adaptiert, Transport- und Lagersysteme aufgestockt. In Kontinentaleuropa hätte die Pharmaindustrie insgesamt zwischen zehn und 14 Milliarden Euro investiert, um den EU-Austritt des Inselstaates abzufedern.
„Das Vereinigte Königreich ist ein wichtiger Produktionsstandort und ein wichtiger Markt“, betonte Christa Wirthumer-Hoche, Leiterin des Geschäftsfeldes Medizinmarktaufsicht der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) und wiedergewählte Vorsitzende des Management Boards der Europäischen Arzneimittelagentur EMA.
Bei den Arzneimittelzulassungen und den organisatorischen Vorbereitungen auf den Brexit stellte sich die EMA auf den zunächst angepeilten Austrittstermin vom 31. März dieses Jahres ein. Die Fristverlängerung auf den 31. Oktober lässt etwas mehr Spielraum zu. In Österreich wurde eine Liste von zunächst 250 Pharmaunternehmen mit UK-Bezug erstellt. Sie konnte auf 13 Unternehmen reduziert werden. Mit jedem einzelnen wurden Vorkehrungen für den EU-Austrittstermin vereinbart.
Behörden stocken bei Personal auf
Die EMA selbst hat laut Christa Wirthumer-Hoche 22 Prozent ihrer Mitarbeiter verloren, die aus Großbritannien stammen. Hier musste Ersatz aufgenommen werden. 16 bis 20 Prozent der EU-Zulassungsverfahren wurden ehemals via Großbritannien abgewickelt. Um diese Last zu verteilen, stocken die nationalen Arzneimittelbehörden der Rest-EU – auch in Österreich – Personal auf.
Gleichzeitig erhielt Großbritannien schon seit 2017 keine neuen zentralen EU-Zulassungsverfahren für neue Medikamente mehr. Für die Erfüllung der regulatorischen Anforderungen mussten die Pharmaunternehmen eigene Stellen bzw. eigenes Personal in Kontinentaleuropa benennen. Somit sollte der Austritt Großbritanniens aus der EU zumindest bei den Medikamenten keine Krise verursachen. (APA)