Messerstiche aus Rache - 19-Jähriger wegen Mordversuchs vor Gericht

Wien (APA) - Weil er vermutete, dieser hätte ihn bestohlen, hat ein 19-Jähriger im Vorjahr auf einen flüchtigen Bekannten eingestochen und d...

Wien (APA) - Weil er vermutete, dieser hätte ihn bestohlen, hat ein 19-Jähriger im Vorjahr auf einen flüchtigen Bekannten eingestochen und den 24-Jährigen beinahe getötet. Am Mittwoch musste sich der junge Mann wegen Mordversuchs am Landesgericht Wien verantworten. Gegen Mittag zogen sich die Geschworenen zur Beratung zurück.

Zur Bluttat kam es am 1. September 2018, als der 24-Jährige in den hinteren Bereich einer Tankstelle in Wien-Penzing ging, um sich ein gekühltes Getränk zu kaufen. Der Angeklagte folgte ihm, wobei er das Messer bereits unter seiner Jacke verborgen hielt. Als er sein Opfer erreicht hatte, versetzte er ihm von hinten drei Stiche. Einer ging in den linken Oberarm, wobei die Hauptschlagader fast zur Gänze durchtrennt wurde, zwei in den Oberkörper, wovon einer die linke Niere beschädigte. Der lebensgefährlich Verletzte überlebte nur dank rascher intensivmedizinischer Hilfe.

Der Beschuldigte hatte bereits über Monate einen Groll gegen den 24-Jährigen gehegt, da er glaubte, vom Älteren bestohlen worden zu sein. Das vermutete jedenfalls der beschäftigungslose 19-Jährige, der aufgrund einer Persönlichkeitsstörung in einer betreuten WG untergebracht war. Nach einem gemeinsam verbrachten Abend in seiner Wohnung fehlte dem 19-Jährigen ein Butterfly-Messer, die er sammelt, eine Sturmhaube sowie 20 Euro.

Ende August kündigte der Angeklagte im Freundeskreis an, er werde den 23-Jährigen „niederhauen“. Diese Drohungen des kindlich wirkenden Burschen wurden nicht ernst genommen, da der Ältere körperlich deutlich überlegen schien.

Als sich die Wege der beiden wieder bei der Tankstelle kreuzten, „hat es mir plötzlich den Vogel aus der Birne gehaut“. Er habe ihm einen Denkzettel verpassen und den Bekannten verletzen, aber nicht töten wollen, verantwortete sich der Angeklagte. Wortlos folgte er dem Älteren in den Shop, stach wortlos zu und ergriff die Flucht, wie die Geschworenen auch auf einem Überwachungsvideo verfolgen konnten. Tags darauf stellte sich der damals noch 18-Jährige bei der Polizei.

Die Frage von Richter Daniel Rechenmacher, ob dies nicht eine „ziemlich heftige Reaktion in Relation zu dem angeblichen Diebstahl“ sei, konnte der Bursch seine Handlung nicht wirklich erklären. Die Frage, ob ihn sonst etwas belastet habe, führte zu einem minutenlangen Weinkrampf und einer Sitzungsunterbrechung, bis der junge Mann darüber sprechen konnte, dass ihn seine Freundin betrogen und verlassen habe.

Laut der psychiatrischen Sachverständigen Gabriele Wörgötter habe der Angeklagte zwar keine psychiatrische Erkrankung und sei zweifelsfrei zurechnungsfähig, leide aber unter einer erheblichen, schweren Persönlichkeitsstörung. Dieser mache zwar vor Gericht einen höflichen, freundlichen Eindruck, doch dies sei nur Fassade.

Seit seiner Kindheit fühle er eine tiefe Aggression, beschäftige sich mit Waffen und Egoshootern. „Er hat vor allem zu seinen und den Gefühlen anderer keinerlei Zugang“, so die Expertin. All seine Wut und negativen Gefühle habe er bei sich behalten und sei nicht in der Lage, darüber zu sprechen und Hilfe zu holen. Diese Defizite seien in der frühen Kindheit begründet und bedürften jahrelanger Behandlung. Trotz einer negativen Gefährlichkeitsprognose sei aber aufgrund seiner gesamten Persönlichkeit eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher „noch nicht“ notwendig.