Vor allem ältere Tiroler holten sich eine schützende Spritze
Die Zielgruppe der jungen Erwachsenen konnte das Land mit der Impfaktion kaum erreichen. Militante Impfgegner beschäftigen jetzt sogar die Staatsanwaltschaft.
Von Beate Troger
Innsbruck –519 Tirolerinnen und Tiroler haben diese Woche die kostenlose Impfaktion vom Land Tirol in Anspruch genommen. „Das waren deutlich mehr, als im Jahr 2016 zu einer ähnlichen Aktion gekommen sind“, resümiert Anita Luckner-Hornischer, Ärztin der Landessanitätsdirektion.
Angesichts von heuer bislang 64 bestätigten Masernfällen in ganz Österreich wurde beim langen Impfnachmittag am Mittwoch dieser Woche vor allem die Immunisierung gegen Masern-Mumps-Röteln verabreicht, wie die Medizinerin berichtet. Es seien überwiegend ältere Personen über 60 Jahren gewesen, die teilgenommen hatten. „Nur 15 bis 20 Prozent waren jüngere Erwachsene“, so Luckner-Hornischer.
Diese eigentliche Zielgruppe, die das Land mit der Aktion im Visier gehabt hätte, konnte man hingegen kaum erreichen. „Etwa 20 bis 30 Prozent der 20- bis 30-Jährigen haben keinen ausreichenden Schutz gegen die Masern“, erklärt sie. Impfpläne würden sich mit der Zeit ändern. In den 80er- und Anfang der 90er-Jahre habe man eine einzige Impfung gegen Masern-Mumps-Röteln für ausreichend gehalten.
Vor allem ältere Tiroler seien vor den Masern durch eine so genannte „Wild-Infektion“ geschützt, das heißt, dass sie die Krankheit selbst durchgemacht haben. In dieser Bevölkerungsgruppe sei aber auch das Bewusstsein für die Errungenschaft des Impfschutzes stärker ausgeprägt, sagt die Ärztin.
Im Internet sind anlässlich der Impfaktion des Landes hochemotionale Grundsatzdebatten zwischen Impfgegnern und -befürwortern ausgebrochen. Das Land versucht nicht, mit einer großen Kampagne unvollständig geimpfte oder skeptische Bürger zu mobilisieren. Dieselben Sujets sind auch über die sozialen Medien verbreitet worden. 654-mal wurde etwa am 8. April der Beitrag „Impfen rettet Leben“ mit dem Bild eines Kindes mit Masern-Ausschlag kommentiert.
Doch im Netz scheinen bei manchen Postern alle Hemmungen gefallen zu sein. Da wurde die Pharmaindustrie aggressiv attackiert und untergriffig über Verschwörungstheorien gemutmaßt. In anderen Kommentaren schrieben Eltern herzzerreißend über Schicksale von Impfschäden, die nicht anerkannt worden seien.
Die Diskussionen glitten in strafrechtlich relevante Bereiche ein, sodass die Kommunikationsabteilung einschreiten musste. Im Sinne der freien Meinungsäußerung könne jeder seine Ansichten kundtun und auch kontroverse Inhalte und Links teilen, heißt es. Einige gingen dabei aber zu weit. „Wir mussten sogar erstmals einen Kommentar eines Facebook-Users an das Landeskriminalamt bzw. die Staatsanwaltschaft weiterleiten und haben diese Person für unsere Seite gesperrt“, teilte das Land in einer offiziellen Stellungnahme auf seiner Facebook-Seite mit.
Gegenüber militanten Impfgegnern habe man bereits resigniert, heißt es von Seiten der Landessanitätsdirektion. „Wenn man so ein derart polarisierendes Thema kommuniziert, wissen wir, dass sich Randgruppen überdurchschnittlich organisieren“, sagt Luckner-Hornischer. Knapp zwei Prozent der Bevölkerung seien überzeugte Impfgegner, erreichen wolle man hingegen die kritischen Bürger.