SOS-Kinderdorf-Präsidentin will Organisation als „politischere Kraft“
Innsbruck (APA) - Die seit 2017 amtierende Präsidentin von SOS-Kinderdorf Österreich, Irene Szimak, will die Organisation als „politischere ...
Innsbruck (APA) - Die seit 2017 amtierende Präsidentin von SOS-Kinderdorf Österreich, Irene Szimak, will die Organisation als „politischere Kraft im Sinne der Kinder“ positionieren. „Wir wollen im Sinne der Kinder mehr Gehör finden und die kinderpolitische Kraft bewusster leben“, erklärte Szimak im Gespräch mit der APA. Kritik übte sie am Erschweren des Zugangs von Asylwerbern zur Lehre.
Es gelte, den Kindern „eine Stimme zu geben“, so Szimak - und zwar nicht nur jenen, die von SOS-Kinderdorf betreut werden, sondern allen Kindern. Man wolle sich in Zukunft noch mehr in gesellschaftspolitische Debatten einbringen und sich Gehör verschaffen, kündigte die Managerin an, die dem mehr als drei Jahrzehnte amtierenden Helmut Kutin als Präsidentin und Vorsitzende des Aufsichtsrates nachgefolgt war.
Neben der Neuregelung der Mindestsicherung ist Szimak vor allem die Rücknahme des Zugangs von Asylwerbern zur Lehre durch die türkis-blaue Bundesregierung ein Dorn im Auge. „Unser Zugang lautet: ‚Gleiche Chancen, gleiche Rechte für alle‘. Es gibt schließlich auch ein Recht auf Berufsausbildung“, erklärte die Präsidentin. Verwehre man dies den Asylwerbern, entstehe Perspektivenlosigkeit. Für die SOS-Kinderdörfer wiederum bedeute dies einen zusätzlichen Mehraufwand, denn schließlich müssten diese Jugendlichen während des Tages auch irgendwie beschäftigt werden. Viele der rund 270 Migrantenkinder und -Jugendlichen, die in Einrichtungen von SOS- Kinderdorf in Österreich betreut werden, seien jedenfalls von den Maßnahmen der Regierung betroffen. Schließlich seien die allermeisten zwischen 13 und 17 Jahre alt.
Dringenden Änderungsbedarf ortete Szimak auch in Sachen Entwicklungszusammenarbeit. Die budgetären Mittel Österreichs müssten dringend auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erhöht werden, erneuerte die Präsidentin eine wiederholt aufgestellte Forderung.
SOS-Kinderdorf Österreich fördere derzeit langfristig Projekte in verschiedenen Schwerpunktländern. Darunter fallen Sri Lanka, Peru, Uganda, Bosnien, Äthiopien und Nepal. An diesen Projekten werde sich auch in Zukunft nichts ändern, das Hinzukommen neuer Fokusländer stehe derzeit nicht auf der Tagesordnung. Zusätzlich leiste man international gesehen auch immer wieder Beiträge für Katastrophenhilfe, wie aktuell in Mosambik, so Szimak.
Im Inland stelle man indes schon seit geraumer Zeit eine Änderung hinsichtlich der Anforderung an die Betreuung durch SOS-Kinderdorf, das heuer sein 70-jähriges Bestehen feiert, fest. Die mobile Hilfe bzw. die Begleitung von Pflegefamilien wird laut Szimak immer wichtiger, die Verweildauer in den stationären Einrichtungen und Dörfern sinke. Eine Art Zeitenwende, denn früher habe die Organisation meistens für eine Betreuung „von der Aufnahme bis zur Selbstständigkeit“ gesorgt bzw. sorgen müssen. „Heutzutage ist es immer wichtiger, die Ursprungsfamilie so gut wie möglich einzubinden und in Krisenzeiten da zu sein“, erläuterte die SOS-Kinderdorf-Präsidentin. Man habe die Chance, viel mehr Kindern zu helfen als „nur“ jenen, die stationäre Betreuung brauchen.
Im Vorjahr wurden in Österreich in 14 SOS-Kinderdörfern 1.800 Kinder und Jugendliche in Familien und Wohngruppen betreut. Weitere 1.300 junge Menschen erhielten mobile Hilfe oder die Begleitung von Pflegefamilien, 2.500 Personen nahmen Beratungen bzw. Therapien in Ambulatorien in Anspruch. Mittel- und langfristig werden mehr Kinder und Jugendliche mobile Hilfe in Anspruch nehmen, als in SOS-Kinderdörfern betreut werden, zeigte sich Szimak überzeugt.