Wackers Sportchef Hörtnagl: „Geht auch nach Abstieg weiter“
Wacker-Geschäftsführer Alfred Hörtnagl (52) spricht im TT-Interview über Visionen, mögliche Abgänge und die Folgen eines Abstiegs in die zweite Bundesliga.
Wie gehen Sie mit der Kritik an Ihrer Person um?
Hörtnagl: Ich habe mich noch nicht damit beschäftigt. Wenn es nicht läuft, dann ist Kritik in diesem Geschäft normal, das ist mir bewusst.
Können Sie sich rückblickend etwas vorwerfen?
Hörtnagl: Mir ist bewusst, dass sportlicher Erfolg das Wichtigste ist. Aber wenn man weiß, wie wir finanziell aufgestellt sind, dann stellt sich manches anders dar. Wir haben sieben Spieler mit großem Volumen transferiert (ca. 2 Mio. Euro in den vergangenen beiden Jahren, Anm.). Die zu halten, wäre sicher besser gewesen, möglich war es allerdings nicht.
Demzufolge geben die Rahmenbedingungen die Richtung vor?
Hörtnagl: Sportliches und wirtschaftliches Risiko hängen eng zusammen, unsere Entscheidungen waren aber wichtig und richtig, der Weg ist ein guter.
Sie spielen auf die Gesamtsituation des Vereins an. Aber gefährdet es nicht das Vorankommen, wenn man sich in einer kritischen Situation um ein Trainingszentrum und eine dritte Kampfmannschaft Gedanken macht?
Hörtnagl: Jeder Verein braucht eine Ausrichtung, eine Strategie, um langfristig überleben zu können. Und noch einmal: Es ist derzeit zu früh, ein Urteil zu fällen, denn wir haben es (den Klassenerhalt, Anm.) immer noch selbst in der Hand. Und darum kämpfen wir.
Bedeutet ein möglicher Abstieg das Ende der großen Visionen?
Hörtnagl: Es geht auch nach einem Abstieg weiter, die Mannschaft steht im Großen und Ganzen bereits für kommende Saison. Ein großes Budget würde diese junge Auswahl nicht beanspruchen, einen sofortigen Wiederaufstieg könnte man genauso wenig garantieren.
Muss man unabhängig von der Saison nicht Angst haben, dass Talente wie Taferner das Weite suchen?
Hörtnagl: Es geht um die Perspektive für junge Spieler. Und grundsätzlich gibt es wenige bessere Adressen als den FC Wacker — kein anderer Verein integrierte so viele aus der zweiten in die erste Mannschaft.
Sie sind seit 2015 beim Verein und haben einen unbefristeten Vertrag — sind Sie 2019/20 auch noch Sportdirektor?
Hörtnagl: Ich bin schon voll in den Planungen für die kommende Saison. Aber wie es weitergeht, entscheidet sich erst am Ende. Derzeit gilt meine ganze Aufmerksamkeit der aktuellen Situation. Wichtig ist, dass unsere Struktur erhalten bleibt.
Und planen Sie mit Cheftrainer Thomas Grumser länger, also auch im Fall eines möglichen Abstiegs?
Hörtnagl: Es gab schon Gespräche in diese Richtung, wir planen jedenfalls längerfristig mit Thomas Grumser.
Das Gespräch führte Florian Madl
Zur Stunde wachsen nur die Zweifel
Das 0:4 gegen Altach und die vierte Niederlage in Serie in der Quali-Gruppe werfen beim FC Wacker Innsbruck etliche Fragen auf. Cheftrainer Thomas Grumser (39) steht im Abstiegskampf im Kreuzfeuer der Kritik.
Von Alex Gruber und Tobias Waidhofer
Innsbruck — So erfrischend der Auftritt des FC Wacker in der ersten Halbzeit gegen Altach rund um Jungspund Matthäus Taferner (18), Sascha Horvath oder den wieder in die Bundesliga-Startelf beförderten Alexander Gründler war, so ernüchternd war am Ende einmal mehr das Resultat. Es waren vergebene Chancen in Hälfte eins und ein kollektiver Zusammenbruch binnen weniger Minuten in Hälfte zwei. Damit muss Cheftrainer Thomas Grumser nach sieben Spielen mit sechs Niederlagen und einem ernüchternden Torverhältnis von 4:16 leben.
Es stehen etliche Fragen im Raum: Können sich die Schwarzgrünen mit ohnehin limitierter Qualität die Systemumstellung und ständige Personalwechsel leisten? Darf man im Kampf um den Klassenerhalt auf das Projekt Zukunft setzen? Oder lässt man sich mit dem Verzicht auf arrivierte Spieler (gegen Altach beispielsweise Maak, Freitag, Durmus — Schimpelsberger und Harrer waren laut Grumser wie der eingewechselte Dedic angeschlagen) nicht selbst die Luft aus den ohnehin schon dünnen Rädern? Der FC Wacker wandert auf einem schmalen Grat. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache.
A wie Aufstellung: Mit Verweis auf die angeschlagenen und verletzten Spieler (Peric, Dieng) war die Personalwahl gegen Altach für Grumser „keine große Rotation". Und dass der Jüngste (Taferner) einer der Besten war, steht außer Zweifel. „Jeder hatte in dieser Saison schon die Chance, sich zu beweis en", notiert Grumser. Nachsatz: „Wir werden jeden Spieler noch brauchen." Gegen Altach spielte Daniele Gabriele (3 Saisontore) vor dem Match vor dem Stadion Tischtennis, andere wie Durmus (Topvorbereiter) und Harrer (4 Tore) trafen auch in Zivil ein. Womit man bei einem entscheidenden Punkt wäre . . .
K wie Kabine: Es keim(t)en zuletzt Gerüchte auf, dass die Harmonie auch in den vier Wänden intern nicht mehr ganz passt. Eine Notiz, die Grumser („Jede Entscheidung hat Auswirkungen auf die Kabine") so nicht stehen lassen will: „Die Situation ist für alle schwierig — für die, die spielen, genauso wie für die, die nicht spielen. Ich bin nach wie vor vom Charakter zu 1000 Prozent von jedem unserer Spieler überzeugt. Die Kabine ist für mich das Wichtigste. Die Mannschaft muss sich wohl fühlen." Denn wer die Mannschaft oder weite und entscheidende Teile emotional verliert, kann fast spielen lassen, wie er will?
S wie System: Der Zweck heiligt die Mittel. Und natürlich werden in der aktuell so misslichen Lage Gedanken an das zwischenzeitlich erfolgreiche Defensivkonzept (5-3-2) von Grumsers weit erfahrenerem und im März verabschiedetem Vorgänger Karl Daxbacher wach. Wacker will jetzt im 4-3-3 oder 4-1-4-1 mehr nach vorne verteidigen, fängt sich hinten aber mehr Treffer ein. „Wir haben gute Phasen, schaffen es aber nicht, in Führung zu gehen." Zudem spielte gegen die großgewachsenen Vorarlberger und bei deren stark geschossenen Standards (Ecke zum 0:1) auch die Physis eine Rolle. Wobei Grumser festhält, dass Abwehrarbeit nicht an System oder Körpergröße hängt, sondern an Umständen wie Bereitschaft.
S wie Stammtisch: Natürlich gingen die Wogen nach der Niederlage gegen Altach auf vielen Ebenen (siehe Box) hoch. „Ich halte nichts davon, im Nachhinein Stammtisch-Diskussionen zu führen. Wichtig ist, dass unser innerer Kern mit Mannschaft, Trainerteam und Vorstand daran glaubt, dass wir es schaffen können."
Z wie Zukunft: Grumsers Qualität, langfristig für die Adaption des Spielstils und die Integration junger Spieler zu sorgen, spielt kurzfristig keine Rolle. Abstiegskampf bedeutet psychischen Ausnahmezustand. „Die Situation ist sehr speziell, aber ich will mich erst recht beweisen. Wir müssen aus diesem Teufelskreis herauskommen." Die schwarzgrüne Hoffnung lautet Hartberg: „Obwohl wir eine verkorkste Saison spielen, ist der Klassenerhalt möglich. Wir werden sechs bis sieben Punkte brauchen." Und ein Vater/Wacker unser.