donaufestival: Arabrot machte „Schritt zurück zu meinen Wurzeln“

Krems (APA) - Kjetil Nernes hinterlässt Eindruck: Der große, nach außen hin so ruhig wirkende Norweger mag im Gespräch zwar höflich und dist...

Krems (APA) - Kjetil Nernes hinterlässt Eindruck: Der große, nach außen hin so ruhig wirkende Norweger mag im Gespräch zwar höflich und distinguiert sein. Steht er aber mit seiner Band Arabrot auf der Bühne, wird er zum Zeremonienmeister des Rock‘n‘Roll. Vor seinem Auftritt beim Kremser donaufestival sprach er mit der APA über seine überstandene Krebserkrankung, das neue Album und Lernprozesse eines Musikers.

APA: Ihr aktuelles Album „Who Do You Love“ kennzeichnet sich durch einen sehr eklektischen Zugang. Gab es für Sie ein konkretes Ziel, das Sie mit den Songs erreichen wollten?

Kjetil Nernes: Ja. „The Gospel“ (das Vorgänger-Album, Anm.) war in vielerlei Hinsicht sehr besonders, natürlich auch für mich persönlich. Es fühlte sich an wie eine riesige Explosion - und danach kommt üblicherweise Stille. Und so stellte sich für mich die Frage, was ich mit dieser Stille anfangen soll. Sie entweder annehmen oder doch diese Leerstelle füllen? Letztlich habe ich realisiert, dass ich das äußern muss, warum ich hier sitze und all das mache: Die Liebe zum Rock‘n‘Roll.

APA: Wie haben Sie das konkret ausgedrückt?

Nernes: Es war ein Schritt zurück zu meinen Wurzeln. Ich bin in den 90ern aufgewachsen und habe mir die Bands des Amphetamine Reptile Labels angehört, aber genauso alles, was durch Nirvana ausgelöst wurde. Das ist ein sehr spezifischer Zugang. Viel davon spiegelt sich jetzt wieder. Es ist einfach Rock.

APA: Sie sind mit Arabrot nun seit mehr als 15 Jahren unterwegs. Was hat die Band von damals noch zu tun mit jener, die sie aktuell darstellen?

Nernes: Es war ein langsamer Start für uns, wir waren ja fast noch Kinder. Aber eigentlich kann man es gut vergleichen mit heute, nur dass die Umsetzung jetzt verfeinert ist. Die Ideen waren natürlich ähnlich. Und ich kann mich noch so gut daran erinnern, wie stark ich damals von einigen Hardcore-Bands der frühen 80er beeinflusst war - Dead Kennedys oder Black Flag. Aber auch Acts wie Pere Ubu, die eine Spur vielseitiger waren. Beide Aspekte haben sich gemischt, und so ist es noch immer. Nur kann ich jetzt, an einem guten Tag, auch noch meine Gitarre stimmen. (lacht) Ich hatte damals wirklich keine Ahnung.

APA: Kommt also die Energie, die viele junge Acts an den Tag legen, nun mit einer klaren Vision und musikalischen Fähigkeiten zusammen?

Nernes: Das kann man so sagen. Viele Jahre ging es wohl darum, mit dieser unbändigen Energie auch das Fehlen von Wissen und Erfahrung zu kompensieren oder zu überdecken. Es war einfach ein Lernprozess. Und Bands sind diesbezüglich ganz verschieden: Einige lassen sich viel Zeit, bevor sie überhaupt etwas veröffentlichen, um es auf ein höheres Level zu bringen. Andere verbringen wiederum ihre ganze Karriere damit, einfach alles mit der Außenwelt zu teilen. Das traf auch auf uns zu. Jede Veröffentlichung ist daher eher wie ein Dokument dessen, was wir seit dem letzten Mal dazugelernt haben. Ob das gut oder schlecht ist, weiß ich nicht. (lacht) Aber wir hatten keinen Plan, es ist einfach passiert.

APA: Angesichts Ihrer schweren Krankheit, die Sie vor einigen Jahren überwunden haben: Wie fühlt es sich derzeit an, mit Arabrot unterwegs sein zu können?

Nernes: Ich bin natürlich sehr glücklich. Klarerweise war es eine große Veränderung. Die Krankheit hat viel beeinflusst, auch die Band hat sich dadurch mehrfach gewandelt. Wir haben nun eine neue Ebene erreicht. Besonders seit „The Gospel“ läuft es sehr gut für uns. Viele Bausteine sind an den richtigen Platz gefallen, und wir sind jetzt in einer Position, in der wir viele Dinge genauso umsetzen können, wie wir möchten. Es ist wirklich ein Privileg. Das kommende Jahr dürfte sehr gut werden. Und dann wollen wir schon wieder an neuem Material arbeiten.

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)

(S E R V I C E - www.arabrot.com; www.donaufestival.at)

(B I L D A V I S O – Fotos von Arabrot/Kjetil Nernes stehen unter https://www.donaufestival.at/de/presse/presse-1 zum Download bereit.)