Spanien-Wahl - Pattstellung ohne klaren Sieger

Madrid (APA/Reuters/dpa) - Spanien steuert mit dem Einzug einer ultrarechten Partei ins Parlament und unklaren Mehrheitsverhältnissen politi...

Madrid (APA/Reuters/dpa) - Spanien steuert mit dem Einzug einer ultrarechten Partei ins Parlament und unklaren Mehrheitsverhältnissen politisch auf Konfrontation und Instabilität zu. Umfragen zufolge reichten die Stimmen für die Sozialisten von Ministerpräsident Pedro Sánchez und das Linksbündnis Unidas Podemos bei der Parlamentswahl am Sonntag nicht für eine absolute Mehrheit im Abgeordnetenhaus.

Das rechte Lager aus konservativer Volkspartei, den liberalen Ciudadanos und der erstmals in der Parlamentskammer vertretenen ultra-rechten Vox kann ebenfalls voraussichtlich nicht aus eigener Kraft regieren. Das Interesse an der vom Konflikt um die Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens überschatteten Wahl war sehr hoch, obwohl die Spanier bereits zum dritten Mal binnen vier Jahren an die Urnen gerufen wurden. Bereits am frühen Abend hatten mehr als 60 Prozent der Wählerinnen und Wähler ihr Kreuz gesetzt - die höchste Beteiligung seit 2008.

Die im Fernsehsender RTVE veröffentlichte Studie basiert auf einer Abfrage von Wahlabsichten, die in der vergangenen Woche vor dem Urnengang vorgenommen wurde. In früheren Fällen hatten sich diese nicht immer als akkurat erwiesen. Diese Umfragen sahen Sánchez‘ Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) bei 120 bis 130 Abgeordnetenmandaten - die absolute Mehrheit liegt bei 176. Vox konnte demnach mit bis zu 50 Sitzen rechnen. Die Wahlbeteiligung lag deutlich über der beim letzten Urnengang.

Zum Zünglein an der Waage werden womöglich nationalistische Parteien aus dem Baskenland oder Katalonien, die dem linken Lager mit ihren Mandaten zu einer Mehrheit verhelfen könnten. Doch der Streit um die Unabhängigkeitsbestrebungen der Region Katalonien hatte letztlich dazu geführt, dass Sanchez als Chef einer Minderheitsregierung seinen Haushalt nicht durchbringen konnte und Neuwahlen ansetzen musste.

Nun könnte sich die politische Blockade fortsetzen. Zugleich dürfte sich die Polarisierung in der immer stärker zersplittert wirkenden Parteienlandschaft verstärken: Mit Vox zieht erstmals seit 1982 und damit der Frühphase der Demokratie nach der Franco-Herrschaft eine Partei vom rechten Rand ins Abgeordnetenhaus ein. Die erst 2013 gegründete Partei kämpft gegen illegale Einwanderung und hat in Anlehnung an die von US-Präsident Donald Trump geforderte Grenzmauer zu Mexiko ein ähnliches Bollwerk für die in Nordafrika gelegenen spanischen Städte Ceuta und Melilla gefordert. Für die Kosten soll laut Vox-Chef Santiago Abascal das Nachbarland Marokko aufkommen.

Vox hat ebenso wie die Volkspartei von Spitzenkandidat Pablo Casado und die liberalen Ciudadanos mit einer kompromisslosen Haltung gegenüber den Separatisten um Wählerstimmen geworben. Unter Sanchez‘ konservativem Vorgänger Mariano Rajoy war Katalonien unter Zwangsverwaltung gestellt worden, nachdem Separatisten im Oktober 2017 ein als verfassungswidrig eingestuftes Referendum abgehalten und später die Abspaltung ausgerufen hatten.

Die durch den Streit um Katalonien aufgeheizte Stimmung und das zersplitterte Parteienspektrum verhinderten bisher die Bildung von lager-übergreifenden Koalitionen. Dabei blieben in den vergangenen Jahren Strukturreformen und Haushaltssanierung liegen: Den Staat drücken bereits Schulden von fast 100 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das Land weist zudem die zweithöchste Arbeitslosenquote in der Euro-Zone nach Griechenland auf.

Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen geht davon aus, dass die Sozialisten und Podemos die Arbeitsmarktreformen von 2012 teilweise zurückdrehen und zumindest für große Unternehmen und hohe Einkommen die Steuern anheben und damit zusätzliche Sozialleistungen finanzieren wollen. „Die Parteien auf der anderen Seite des politischen Spektrums setzen hingegen auf Steuersenkungen und auf eine weitere Deregulierung.“

( 0524-19, 88 x 76 mm)