Stichwahl um das Präsidentenamt: Zwei Ökonomen für Litauen

Vilnius (APA/AFP) - Eines steht schon vor der Stichwahl um die Präsidentschaft in Litauen am 26. Mai statt: Das künftige Staatsoberhaupt hat...

Vilnius (APA/AFP) - Eines steht schon vor der Stichwahl um die Präsidentschaft in Litauen am 26. Mai statt: Das künftige Staatsoberhaupt hat hohe wirtschaftliche Kompetenz. Ohnehin scheint die ehemalige Finanzministerin Ingrida Simonyte und Politikneuling Gitanas Nauseda mehr zu vereinen als zu trennen. Eine kurzer Blick auf die Kandidaten:

Simonyte: Ex-Ministerin des Sparkurses

Die Ökonomin Ingrida Simonyte wurde der Öffentlichkeit während der weltweiten Finanzkrise 2009 bekannt, als die damalige Finanzministerin einschneidende Sparmaßnahmen beaufsichtigte. Während Kritiker tiefe Einschnitte in öffentliche Gehälter und Renten beklagten, sind ihre Unterstützer der Meinung, dass Litauen nur dank Simonyte zurück zum Wachstum fand, ohne dass die Währung an Wert verlor.

Nach der Wahlniederlage der Konservativen im Jahr 2012 war Simonyte von 2013 bis 2016 Vizedirektorin der litauischen Zentralbank. 2016 wurde sie ins Parlament gewählt. Die 44-Jährige ist die offizielle Kandidatin der christdemokratischen Partei Vaterlandsunion, war jedoch nie Mitglied.

Mit ihrem scharfsinnigen Humor ist Simonyte bei den Medien beliebt. Sie setzt sich für die Rechte Homosexueller ein und hat viele Anhänger unter jungen, liberalen Städtern. Gleichzeitig hat sie angekündigt, gegen eine Spaltung des vorwiegend katholischen Landes in Stadt- und Landbevölkerung zu kämpfen: „Wir können Vilnius nicht vom Rest des Landes isolieren“, sagte Simonyte bei einem Wahlkampfauftritt.

Sie ist unverheiratet, spricht fließend Englisch, Polnisch und Russisch sowie etwas Schwedisch. Als Fan von Rockmusik und Eishockey liest sie zudem gerne, macht Nordic Walking und arbeitet im Garten.

Nauseda: Eine moderate Stimme

Simonytes Konkurrent Gitanas Nauseda spricht fließend Englisch, Russisch und Deutsch. Der verheiratete Vater zweier Töchter sammelt seltene Bücher und spielt in seiner Freizeit gerne Schach. Der Politikneuling verbrachte den Großteil seiner Karriere im privaten Bankensektor, zuletzt als Berater des Präsidenten von Litauens größter Bank.

In den vergangenen zehn Jahren machte er sich als redegewandter Kommentator von Wirtschafts- und Finanzthemen einen Namen - mit für gewöhnlich moderaten Sichtweisen. Der 54-Jährige wurde von keiner Partei aufgestellt und hat sich als Kompromisskandidat positioniert. Seine Ansichten bezeichnet er selbst als Mitte-rechts.

Vor der Wahl warb er für den Wohlfahrtsstaat und mehr „politischen Frieden“ in Litauen. Nach der Stimmabgabe beim ersten Wahlgang am Sonntag sagte Nauseda, er fühle die „schwere Verantwortung“, die Polarisierung des Landes zu reduzieren.

Für seine Unterstützer, zu denen auch der ehemalige Präsident Valdas Adamkus gehört, ist Nauseda ein dringend gebrauchtes neues Gesicht mit der intellektuellen Fähigkeit und dem notwendigen Auftreten, um mehr Harmonie in die Politik zu bringen. Seine Kritiker sehen in ihm hingegen einen Heuchler, der im Dienst großer Unternehmen steht.

Ebenso wie Simonyte präsentierte sich Nauseda im Wahlkampf als überzeugter Pro-Europäer und Unterstützer der NATO. Experten gehen davon aus, dass beide Kandidaten sich im Falle eines Sieges für außenpolitische Kontinuität einsetzen würden.