„Ein Abend mit und für Martin Pollack“: Autor und Übersetzer wird 75
Wien (APA/dpa) - Der vielfach ausgezeichnete oberösterreichische Schriftsteller, Übersetzer und Journalist Martin Pollack feiert am 23. Mai ...
Wien (APA/dpa) - Der vielfach ausgezeichnete oberösterreichische Schriftsteller, Übersetzer und Journalist Martin Pollack feiert am 23. Mai seinen 75. Geburtstag. Bereits morgen, Donnerstag (16. Mai), gibt es im Kasino am Schwarzenbergplatz unter dem Titel „Wir müssen Widerstand leisten“ als Abschluss der Reihe „Grenzgänger/Grenzdenker“ einen „Abend mit und für Martin Pollack“.
Vier Jahre lang kuratierte Pollak die Reihe und sprach mit seinen Gästen über die wichtigen Probleme und Fragen unserer Zeit. „Zum Abschluss der Reihe wollen wir mit Martin Pollack sprechen und diesen Abend seiner Arbeit und seinem Werk, das dem Verdrängten und Vergessenen gilt, widmen“, heißt es in der Ankündigung des Abends, an dem die Burgschauspieler Philipp Hauß und Sabine Haupt mitwirken.
Der 1944 in oberösterreichischen Bad Hall geborene und heute in Wien und im Burgenland lebende Pollack absolvierte eine Ausbildung als Bau- und Möbeltischler und danach ein Studium der Slawistik und osteuropäische Geschichte in Wien und Warschau. 1987-1998 war er Korrespondent des deutschen Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“, seit 1998 arbeitet als freier Autor und Übersetzer. Pollack machte sich u.a. als Übersetzer des polnischen Autors und Journalisten Ryszard Kapuscinski einen Namen. Auch in seinem literarischen Schaffen stand Polen immer wieder im Zentrum, etwa in Büchern wie „Galizien“ (2001), „Von Minsk nach Manhattan, Polnische Reportagen“ (2006) und „Sarmatische Landschaften - Nachrichten aus Litauen, Belarus, der Ukraine, Polen und Deutschland“ (2006).
In seinem Buch „Anklage Vatermord“ (2002) rekonstruierte einen Justizskandal der 20er-Jahre, in „Der Tote im Bunker“ (2004) begab er sich auf die Suche nach dem eigenen Vater, der als hochrangiger Gestapo-Beamter und SS-Offizier an maßgeblicher Stelle an der NS-Vernichtungsmaschinerie mitgewirkt hatte. In seinem detektivisch recherchierten neuen Bericht „Die Frau ohne Grab“, der am 19. August im Zsolnay Verlag erscheint, erzählt er über das Schicksal seiner Großtante Pauline, die im Sommer 1945 als 70-Jährige von jugoslawischen Partisanen in ihrem Heimatort Tüffer in der damaligen Untersteiermark, dem heutigen Ostslowenien, verhaftet und in ein Internierungslager gebracht wurde. Bald darauf starb sie. Ihr Grab wurde nie gefunden.
2010 schilderte Pollack in „Kaiser von Amerika“ die Massenflucht von Juden, Polen und Ukrainern aus Galizien zu Beginn des vorigen Jahrhunderts, 2016 erschien ein Sammelband mit seinen Essays („Topografie der Erinnerung“). „Pollacks Bücher dokumentieren Geschichte und verzichten großteils auf Fiktion“, hieß es in der Jurybegründung des 2007 an ihn verliehenen Ehrenpreises des österreichischen Buchhandels. „Sein Blick auf Gewesenes erreicht die Leser somit unverfälscht und direkt. Er gibt Zeugnis von der Vergangenheit und weist damit einen Weg in eine Zukunft, die vom Verständnis füreinander geprägt ist.“
Pollack wurde außerdem u. a. mit dem Österreichischen Staatspreis für literarische Übersetzungen (2003), dem Preis zur Förderung der österreichisch-polnischen Beziehungen (2006), dem Karl-Dedecius-Preis der Robert-Bosch-Stiftung für polnische und deutsche Übersetzer (2007), dem Leipziger Buchpreis für Europäische Verständigung (2011), dem Österreichischen Staatspreis für Kulturpublizistik und dem Johann-Heinrich-Merck-Preis (beide 2018) ausgezeichnet.
Die Jury des Merck-Preises lobte in ihrer Begründung Pollacks Beschäftigung mit „den vergessenen und verdrängten Ereignissen in der mitteleuropäischen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Mit Akribie und Beharrlichkeit rekonstruiert er Geschehnisse, Tatorte und Lebenswege, folgt mündlichen Hinweisen ebenso wie kaum noch sichtbaren Spuren in der Landschaft. Wie sehr Geschichte eine Landschaft formt und dadurch wiederum das Leben der Menschen, die in ihr wohnen, wird durch die Essays von Martin Pollack begreifbar.“
(B I L D A V I S O – Bilder von Martin Pollack wurden zuletzt am 4.3.2014 über den AOM verbreitet und sind dort abrufbar.)