Intelligente Raumfahrt im Berlingo XL
Der Pionier der Hochdachkombis spielt in der XL-Version sein Talent vollends aus. Raumfülle und technische Umsetzung überraschen.
Von Reinhard Fellner
Innsbruck –Praktische Autos mit großem Raumangebot waren schon immer eine Spezialität französischer Autohersteller. Schon vor 70 Jahren zeigte der Citroën 2 CV eine simple und zugleich geniale Konstruktion. 1996 sah der Doppelwinkel die Zeit reif für eine Neuinterpretation der Idee von Raum, Vielseitigkeit und Ökonomie.
Der Berlingo war als gut abgeschmeckter Mix aus Pkw-Technik und Transporter-Charme geboren. 1,7 Millionen Exemplare später stellt die dritte Berlingo-Generation jedoch mehr als eine Weiterentwicklung dar. So wirkt der neue Berlingo in praktisch jedem Detail zu Ende gedacht.
Mehr Wahlmöglichkeiten bietet jetzt schon die Karosserie. Sie wird seit dem Modellwechsel in zwei Längen (4,4 und 4,75 Meter) angeboten. Durch Raumökonomie fasst der Kofferraum nun schon bei der Normalversion 775 Liter (100 Liter mehr als beim Vorgänger) bis 3000 Liter. Die 35 Zentimeter längere XL-Version zieht jedoch alle Register und bietet 1050 bis 4000 Liter Stauraum. Knapp drei Meter Radstand bringen im XL schon fast eine Raumfülle im Kleinbusformat. Selbst in der optionalen dritten Sitzreihe können es Erwachsene tadellos aushalten. Höhe und Raumfülle erlauben es beispielsweise, Fahrräder stehend zu schlichten, wie der TT-Testwagen in XL-Variante bewies.
Zudem überrascht der neue Berlingo mit etlichen cleveren Detaillösungen. So lässt sich die dreigeteilte Einzelsitzreihe der zweiten Reihe kinderleicht per Handzug auf eine Ebene klappen. Die Sitze versinken dabei im Fußraum. Chapeau! Das geht derzeit nirgendwo besser. Ausgereift auch die praktischen (und nun leichtgängigeren) Schiebetüren, welche sich mit versenkbaren Scheiben von der Konkurrenz absetzen und in den Herzen aller Kinder sind.
Die dürfen übrigens auch all ihren Krimskrams auf Ausflüge mitnehmen. So hat es Citroën geschafft, dem Berlingo nicht weniger als 28 Ablagen mit insgesamt 186 Liter Stauraum angedeihen zu lassen.
Im Testwagen zeigte die Ausstattungsvariante „Shine“ ihre Praktikabilität und verwöhnte den Nachwuchs gleich auch noch mit seitlichen Sonnenrollos und Klapptischchen. Verwöhnambiente gibt es aber neuerdings auch im Cockpitbereich. Dieser ist nach modernsten Gesichtspunkten gestaltet und mit hochgestellten Elementen wie Bildschirm oder Schaltknüppel ein Muster an Bedienungsfreundlichkeit.
Auch sonst erlaubt sich der nett gemachte Berlingo keinerlei ergonomische Patzer – einzig seine Sitze blieben französisch weich und bieten größeren Lenkern nur relativ kurze Sitzflächen. Plüschig geht es aber in diesem Franzosen sowieso zu. So erfreut der Berlingo mit wirklich ausgezeichnetem Federungskomfort. Abstimmung und Radstand lassen den Berlingo besonders gelassen über Unebenheiten federn.
Im gesamten Wesen des Großraum-Citroën liegt eine angenehme Leichtigkeit und Unbeschwertheit. Eben ein Alltagsheld und kein reines Arbeitstier mehr.
Müßig zu erwähnen, dass der neue Citroën nun auch allerlei Assistenzpakete an Bord hat.
Viel wichtiger ist, dass der getestete 130-PS-Diesel schön kultiviert, sparsam (6,6 Liter) und sauber nach Euro 6d-Temp war.
So war das Zusammentreffen mit dem neuen Berlingo von fast unverhoffter Qualität. Ab 22.100 Euro geht es mit dem 110-PS-Benziner im XL los. Unsere topausgestattete Variante mit 130-PS-Diesel erscheint mit 27.450 Euro noch immer wohlfeil. Zumal der lange Berlingo besonders überzeugt. Mit gerade 750 Euro Aufpreis geht ein überaus großer Mehrwert einher. Überhaupt Berlingo: Mehr Nutzwert gepaart mit Charme gibt’s nirgendwo.