CDU-Chefin für Debatte um Kopftuchverbot an deutschen Volksschulen

Berlin/Wien (APA/dpa) - Nach dem Kopftuchverbot an Volksschulen in Österreich wird die Debatte auch in Deutschland kontrovers geführt. Die C...

Berlin/Wien (APA/dpa) - Nach dem Kopftuchverbot an Volksschulen in Österreich wird die Debatte auch in Deutschland kontrovers geführt. Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer findet das richtig. Mehrere Unionspolitiker lassen die Chancen eines Verbots bereits prüfen, doch selbst in der CDU halten das manche für aussichtslos. Das Verbot in Österreich stieß in der Türkei auf Kritik.

„Kopftücher im Kindergarten oder in der Grundschule haben mit Religion oder Religionsfreiheit nichts zu tun, das sehen auch viele Muslime so“, sagte die Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstag). Sie halte deswegen die Debatte, ob man Kopftücher dort zulasse, für absolut berechtigt.

Das Parlament in Wien hatte vor wenigen Tagen mit den Stimmen der rechtskonservativen Regierungsparteien ÖVP und FPÖ ein Kopftuchverbot an Volksschulen beschlossen. Mehrere Unionspolitiker lassen ein Kopftuchverbot - konkret für Mädchen unter 14 - juristisch prüfen, um ein entsprechendes Gesetz vorzulegen.

Fraglich ist, ob Kopftücher für Schülerinnen in Deutschland überhaupt verboten werden dürften. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags kam 2017 zu dem Ergebnis, dass das verfassungsrechtlich „wohl nicht zulässig“ wäre und bezieht sich dabei auch auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Lehrerinnen mit Kopftuch.

„Wenn sich Eltern auf die Freiheit der Religionsausübung berufen, hat unser Rechtsstaat wenig Handlungsmöglichkeiten“, sagte der Präsident der Kultusministerkonferenz und hessische Ressortchef, Alexander Lorz (CDU), den Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft (Samstag). Grundsätzlich sieht er das Kopftuch im Unterricht aber kritisch: „Aus pädagogischen und integrativen Gesichtspunkten muss man das Tragen eines Kopftuches im Grundschulalter, zumal es der Islam auch nicht vorsieht, ablehnen.“

Die Vorsitzende des Grundschulverbandes, Maresi Lassek, hält ein Verbot für „nicht angemessen und auch nicht für durchsetzbar“. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte sie, sie rate eher, mit Eltern und Kindern zu sprechen.

Der Zentralrat der Muslime kritisierte die erneute Debatte. Er finde es absurd, dass sie „gefühlt zum tausendsten Mal“ geführt werde - meist vor Wahlen, sagte dessen Präsident Aiman Mazyek im RBB-Inforadio. Sie führe letztlich dazu, „dass Abgrenzung und Ausgrenzung von Muslimen weitergeht“. Es gäbe kein Kopftuchgebot für Schulkinder. Mazyek sprach von Fällen im „Promillebereich“, die Schulen und Familien regeln könnten.

Die deutsche Justizministerin Katarina Barley (SPD) sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Samstag): „Wir müssen alle Mädchen darin stärken, zu selbstbewussten und unabhängigen Frauen heranzuwachsen. Ich habe Zweifel, ob eine Verbotsdebatte da hilft“.

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae schrieb in einem Gastbeitrag für die „Nordwest-Zeitung“ (Samstag), seine Fraktion respektiere das Recht auf freie Religionsausübung sowie das Recht der Eltern, ihre Kinder religiös zu erziehen. „Wenn Eltern aber schon von kleinen Mädchen das Tragen eines Kopftuches in der Öffentlichkeit verlangen, erschweren sie deren Integration in den Kreis der Spiel- und Schulkameraden ihrer Altersgruppe.“ Der Staat dürfe nicht untätig bleiben, sondern müsse das Recht der Kinder auf freie Entfaltung verteidigen.

Die Türkei übte unterdessen Kritik an dem Kopftuchverbot in Österreichs Volksschulen. Dieses Gesetz sei ein aktuelles Beispiel für die diskriminierende und isolierende Position Österreichs gegenüber der muslimischen Gemeinschaft, hieß es in einer vom türkischen Fernsehen TRT verbreiteten Erklärung des Außenministeriums in Ankara.

In der Mitteilung war auch von „störenden Praktiken in Bezug auf Freiheiten“ in Österreich die Rede. „Die jüdische Kippa und die Patka der Sikhs sind seltsamerweise von der Beschränkung ausgenommen“, kritisierte das türkische Außenamt laut dem öffentlich-rechtlichen TV-Sender. „Das Gesetz hat kein Mindestverhältnis zum Schutz der Rechte von Frauen und Kindern. Es widerspricht der Religionsfreiheit und stellt ein Hindernis für die Bildungsfreiheit von Kindern dar.“

Weiter hieß es: „Für die türkische und muslimische Gemeinschaft Österreichs und unseres Landes, die an universelle Werte glaubt, ist es unmöglich, diesen Eingriff in die Religionsfreiheit im geistigen Umfeld des Monats Ramadan zu akzeptieren. Wir glauben, dass es von Vorteil sein wird, wenn die österreichischen Behörden rechtliche Maßnahmen ergreifen, Islamophobie und Fremdenfeindlichkeit zu bekämpfen, anstatt in diskriminierender Weise in die Religionsfreiheit einzugreifen.“