Neuwahl - Deutsche Pressestimmen vom Sonntag

München/Berlin/Bremen (APA/dpa) - Deutsche Medien haben am Sonntag die politischen Entwicklungen rund um die Regierungskrise der ÖVP/FPÖ-Reg...

München/Berlin/Bremen (APA/dpa) - Deutsche Medien haben am Sonntag die politischen Entwicklungen rund um die Regierungskrise der ÖVP/FPÖ-Regierung samt Ausrufung von Neuwahlen wie folgt kommentiert:

„Süddeutsche Zeitung“ (München):

„Kurz (ÖVP-Bundeskanzler Sebastian, Anm.) spekuliert also darauf, für die eigene Verantwortungslosigkeit auch noch belohnt zu werden. Denn er trägt die Schuld daran, die FPÖ salonfähig gemacht zu haben. Sollte es sein Ziel gewesen sein, die Rechtspopulisten zu zähmen, indem er sie in Verantwortung einbindet, so ist das krachend misslungen. Deutlich geworden ist vielmehr, wie ansteckend der Virus des Populismus ist. Seine Koalition war auch Komplizenschaft. Gescheitert am Maßstab der Moral sind deshalb nun nicht nur Strache und seine Freiheitlichen, sondern auch Kurz und seine Volkspartei.“

„Die Welt“ (Berlin):

„Das ist das Ende eines politischen Projekts. Es war der Versuch, in einem verkrusteten politischen System mit einer ausgezehrten Dauerkoalition von Konservativen und Sozialdemokraten (SPÖ) einen neuen Weg zu gehen. Es war der Versuch, die Rechtspopulisten, die in Österreich zur stärksten Partei zu werden drohten, als politische Kraft zu domestizieren und einzubinden in eine Reformpolitik, die in 516 Tagen mehr angestoßen hat als die diversen Merkel-Koalitionen in vielen Jahren. Für die kleineren Parteien in Österreich, wie Grüne und die liberalen Neos, sollten die neuen Entwicklungen Ansporn sein. Ebenso für die Sozialdemokraten. Sie sollten attraktive Angebote machen, wie Österreich sich reformieren lässt. Mehr Markt, mehr Chancen, mehr Wohlstand. Man sollte das Ende dieses österreichischen Experimentes für Europa nicht überbewerten. Jedes Land muss seinen eigenen Weg finden damit für Ausgrenzung, Nationalismus und Illiberalität kein Raum entsteht. Das ist in den meisten Ländern der EU derzeit nicht der Fall. Europa befindet sich in einer prekären Lage, Ausgang offen.“

„Weser-Kurier“ (Bremen):

„Wer die Zuwanderungs- und EU-Politik der FPÖ gut findet, wird sie auch im September wiederwählen - und angesichts der Umstände ohnehin davon ausgehen, dass Strache nur das Opfer einer finsteren Intrige mächtiger Eurozentristen ist. Mancher unentschlossene Sympathisant der Rechtspopulisten wird aber hoffentlich erkennen: Die Salvinis, Straches, Meuthens wollen keineswegs ein „Europa der Vaterländer“ - ihr Ideal sind Bananenrepubliken von Moskaus Gnaden.“

„Märkischen Allgemeine“ (Potsdam)/“Hannoversche Allgemeine“ (Hannover)/“Ostseezeitung“ (Rostock):

„Was Strache in dem Video von sich gibt, lässt einem die Spucke wegbleiben. Auch wenn offenbar nichts davon in der Realität umgesetzt wurde, sind die Begriffe ‚Staatsstreich‘ oder ‚Landesverrat‘ wohl treffender als ‚eine b‘soffene Geschichte‘ wie Strache das Gespräch verharmlosend nennt...Österreichs Kanzler Sebastian Kurz täte gut daran, diese unselige Allianz nun zu beenden. Monatelang hatte er dem Treiben zahlreicher FPÖ-Politiker kaum Einhalt geboten, als diese ‚Rattengedichte‘ über Migranten veröffentlichten oder dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk drohten. Das Experiment ‚Schwarz-Blau‘ in Österreich war zu diesen Zeitpunkten eigentlich schon gescheitert. Nun ist es für jeden augenfällig: Mit Rechtspopulisten ist sprichwörtlich kein Staat zu machen.“

„Straubinger Tagblatt“ (Straubing)/“Landshuter Zeitung“ (Landshut):

„Völlig offen ist indes die Frage, was die angekündigten Neuwahlen im Herbst bringen werden. Ob dann die FPÖ wirklich von den Wählern so abgestraft wird wie man nach den vielen Skandalen erwarten sollte, ist beileibe nicht sicher. Sollte sie wieder nur in die Nähe jener 26 Prozent kommen, die sie 2017 erzielt hat, dann wird es hoch problematisch. Dann könnte Kurz gezwungen sein, jene ungeliebte Koalition mit der SPÖ wieder aufleben zu lassen, die über Jahrzehnte in Österreich derart abgewirtschaftet hatte, dass die Rechtsnationalen so zulegen konnten.“

„Junge Freiheit“ (Berlin):

„Vergessen scheint die gute Regierungsarbeit des ungleichen Gespanns Kurz-Strache. Ja, die beiden haben heilige Kühe geschlachtet. Grenzschutz gefordert. Sozialleistungen eingedämmt. Die Steuern auf Arbeit zurückgefahren. Integration von Einwanderern auf ein vernünftiges Maß zurückgeschraubt. Die Interessen des eigenen Landes an die erste Stelle gerückt. Von all dem kann die Große Koalition in Berlin nur träumen.“

~ WEB http://www.fpoe.at ~ APA297 2019-05-19/18:08