TT-Interview

„Kein Projekt, an dem ich bastle“: Hofer lässt Kanzler noch im Ungewissen

Norbert Hofer.
© APA

Im TT-Interview verspricht der neue FPÖ-Chef Strenge am rechten Rand und äußert sich zu Einzelfällen in der eigenen Partei. Ob er noch Präsident werden will, lässt er offen.

Sind Sie sauer auf Heinz-Christian Strache und Johan­n Gudenus?

Norbert Hofer: Glücklich bin ich nicht, das können Sie sich vorstellen. Aber ich bin ein Freund der Lebensphilosophie von Dale Carnegie: Wenn ich etwas nicht ändern kann, hat es wenig Sinn, sich darüber allzu viele Gedanken zu machen. Ich muss jetzt versuchen, die Partei in eine positive Zukunft zu führen.

Hat Strache noch einen Platz in einer Parteifunktion?

Hofer: Ich habe mit ihm gesprochen. Diese Frage stellt sich auch für ihn nicht. Er ist damit beschäftigt, rechtliche Aspekte zu klären. Nichts von dem, was er gesagt hat, ist eingetreten. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, wie so etwas zustande kommt. Lockvogel, Wanzen: Das kennt man ja nur aus Hollywood.

Ändert das etwas?

Hofer: Nein.

Wird Strache in den Nationalrat zurückkehren?

Hofer: Nein.

Wie geht es jetzt weiter? Wird die FPÖ dem Misstrauensantrag gegen die Regierung zustimmen?

Hofer: Das wird der Parlamentsklub in Abstimmung mit der Parteiführung entscheiden. Es ist klug, sich hier nicht antreiben zu lassen. Bis zum Montag kann noch viel passieren. Wir kennen auch die neue Zusammensetzung der Regierung noch nicht.

Außenministerin Karin Kneissl bleibt in der Regierung, obwohl sie auf einem FPÖ-Ticket war. War das mit Ihnen abgesprochen?

Hofer: Sie muss nichts absprechen. Sie ist kein Mitglied der FPÖ und kann daher von der FPÖ nicht verpflichtet werden, wie sie sich zu verhalten hat.

Sind Sie enttäuscht von Kanzler Sebastian Kurz?

Hofer: Ich möchte unterstreichen, dass wir in der Regierung sehr gut zusammengearbeitet haben. Die Dinge sind so, wie sie sind. Ich neige nicht dazu, jemandem besonders gram zu sein. Erfreut bin ich nicht. Enttäuscht bin ich auch. Aber man muss die Dinge zur Kenntnis nehmen.

Würden Sie gerne noch Projekte wie die Steuerreform abschließen?

Hofer: Ich kann nur aus meinem Ministerium sagen, dass ich gerne die Nahverkehrsmilliarde umgesetzt hätte, um den öffentlichen Verkehr in den Ballungszentren der Bundesländer auszubauen.

Ist nach der Wahl eine Neuauflage der Koalition mit der ÖVP denkbar?

Hofer: Das ist nur schwer vorstellbar. Mein Projekt lautet jetzt einmal, ein gutes Wahlergebnis zustande zu bringen. Alles andere wird die Zukunft weisen.

Kein kategorisches Nein?

Hofer: Das ist kein Projekt, an dem ich bastle.

Hat die FPÖ genug Geld für einen Wahlkampf?

Hofer: Ja. Wir haben sehr sparsam gewirtschaftet. Wir haben auch schlankere Strukturen als die anderen Mittelparteien. Ich sehe es aber jedenfalls als meine Verantwortung, dass wir die gesetzliche Vorgabe der Wahlkampfkostenobergrenze einhalten.

Ein Thema für die FPÖ sind die berühmten Einzelfälle am rechten Rand. Wie wollen Sie damit umgehen?

Hofer: Beim Rattengedicht habe ich selbst viele Telefonate geführt. Und beim Umgang mit den Identitären muss es eine klare Grenze geben. Das habe ich schon im Präsidentenwahlkampf 2016 gesagt.

Wo ist der Unterschied zwischen der FPÖ und den Identitären? Es gibt inhaltliche Überschneidungen.

Hofer: Wir verwenden nicht dasselbe Vokabular. Ich möchte aber auch das Augenmerk darauf lenken, was andere tun. Ich erinnere nur an die SPÖ Langenzersdorf oder die WhatsApp-Gruppe der ÖVP-Studenten.

Würden Sie einräumen, dass es in der FPÖ mehr Einzelfälle gibt als anderswo?

Hofer: Ich glaube, dass man bei uns einfach mehr darauf schaut. Aber genau deshalb müssen wir sehr genau und sehr streng sein. Das wird bei mir auch der Fall sein. Ich bin bekannt dafür, Schritte zu setzen, wenn jemand die Grenzen überschreitet.

Würden Sie den Ausdruck „Bevölkerungsaustausch“ verwenden?

Hofer: Ich sage immer, es gibt eine Änderung in der Bevölkerungsstruktur. Ich sage aber nicht, man darf das Wort nicht verwenden.

Eine persönliche Frage zum Abschluss: Haben Sie Ihr Ziel, Bundespräsident zu werden, abgeschrieben?

Hofer: Das ist eine Frage, über die ich im Moment nicht nachdenken kann. Ich werde jetzt Parteiobmann und Spitzenkandidat. Die nächst­e Präsidentenwahl ist 2022. Kann ich mich dann schon meiner Verantwortung als Parteiobmann entziehen? Ich weiß es nicht. Will ich es überhaupt? Ich weiß es nicht.

Des Gespräch führte Wolfgang Sablatnig

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