Sterne schauen am Venet: Erste Volkssternwarte Tirols in den Startlöchern
Bis Ende Juli soll das neue Observatorium am Venet in den Probebetrieb gehen. Tirols erste Volkssternwarte steht kurz vor dem Baubeginn. Derzeit sucht man noch nach Sternen-Guides, die die Einrichtung betreuen.
Von Matthias Reichle
Fließ, Landeck, Zams –Kometen, die wie „kleine Himmelsvagabunden um die Sonne sausen“, die Ringe des Saturn, der Mond, aus dem bei näherer Betrachtung „richtige Gebirge ragen“, die Pole des Mars, auf denen das gefrorene Eis glitzert, oder auch Sonneneruptionen – Astronom und Projektplaner Norbert Span kommt ins Schwärmen: „Ich habe gestandene Männer, Familienväter, erlebt, die zum ersten Mal die Milchstraße gesehen und zu weinen begonnen haben“, schwärmt er.
Noch in diesem Sommer sollen all diese Himmelsphänomene vom Venet aus beobachtet werden können. Am Hausberg der Landecker, Zammer und Fließer wird heuer die erste Volkssternwarte Nordtirols entstehen. Man folge damit einem Trend, so Span. Aufgrund der Lichtverschmutzung verliere man in Europa immer mehr vom Nachthimmel. Sterne werden von künstlichen Lichtquellen überstrahlt. Weltweit entstehen immer mehr Dark Sky Parks, so genannte Lichtschutzgebiete. In Tirol gebe es abseits der Universitätssternwarte keine Angebote, erklärt der Astronom. Dazu müsse man nach Salzburg, München oder Südtirol fahren. „Der Standort am Venet ist ideal. Man spürt zwar das Licht von Landeck, aber es ist dunkel genug und es gibt eine Infrastruktur am Berg.“
Der Baustart steht nun unmittelbar bevor: „Wir haben bereits alle Aufträge vergeben und warten derzeit auf den Baubescheid“, sagt Venetbahn-Vorstand Werner Millinger. Das Observatorium steht in Nachbarschaft der Gipfelhütte zur Gänze auf dem Gebiet der Gemeinde Fließ – diese ist so auch als Behörde zuständig.
Der Fließer Gemeinderat hat den Bergbahnen bereits ein Baurecht auf 30 Jahre erteilt. Die Widmung sei beschlossen, nun wartet man darauf, dass auch das Land als Aufsichtsbehörde zustimmt. „Das ist ein Formalakt. Der Baubescheid ist fertig geschrieben, aber wir können ihn erst ausschicken, wenn die Widmung rechtskräftig ist“, betont der Fließer Bürgermeister Hans-Peter Bock. Man wolle Ende Juni mit dem Bau beginnen, so Millinger. „Die Bauzeit ist kurz – die Inbetriebnahme ist für Mitte bis Ende Juli geplant.“
Gestaltet wurde das Observatorium, dessen Herzstück sich in einer großen Plexiglaskuppel befindet, von Architekt Florian Mathies. Darin sind zwei Teleskope untergebracht: ein Spiegelteleskop mit 40 Zentimetern Durchmesser für die Nacht sowie ein Linsenteleskop mit 10 Zentimetern Durchmesser und einem speziellen Filter, um untertags die Sonne beobachten zu können. Allein das Equipment kostet mit Montage rund 50.000 Euro, so Span.
Alles in allem beträgt die Investitionssumme 148.679,62 Euro. 60 Prozent davon werden im Rahmen des Interreg-Mittelprojekts im Programm Italien-Österreich über RegioL gefördert. Projektpartner ist dabei die Ferienregion Reschenpass, die ihrerseits eine mobile Sternwarte in Maseben im Langtauferertal plant.
Finanzier für die Sternwarte am Venet ist der Tourismusverband TirolWest. „Unsere Gäste kommen aus der Stadt oder vom flachen Land – für sie ist der Blick auf den Nachthimmel hier noch prachtvoller. Die Bilder davon gehen mittels Social Media um die Welt“, erklärt TVB-Geschäftsführerin Simone Zangerl den Mehrwert der neuen Einrichtung. Der Trend gehe zurück zur Natur. Es ist ein Alleinstellungsmerkmal, wir erhoffen uns Nächtigungen, aber auch Tagesgäste.“ „Eine tolle und für die Schulen wichtige Sache“, kommentierte der Landecker Bürgermeister Wolfgang Jörg das Projekt. „Es ist wieder eine Nische, mit der man die Frequenz am Berg ein bisschen erhöht“, betont sein Zammer Kollege Siggi Geiger.
Wie teuer der Zutritt zum Observatorium sein wird, ist noch offen. Es soll allerdings fixe Tage und Nächte geben, an denen es geöffnet hat, Führungen und Fotoworkshops sowie große Events bei besonderen Himmelsereignissen, außerdem sei es für Gruppen und Schulklassen buchbar. „Für uns ist die Frequenz derzeit noch schwer abzuschätzen“, so Millinger. Um den Besuchern das Observatorium allerdings ohne Führung zu überlassen, sei die Ausrüstung zu kostbar. Ein Spaßvogel könnte dabei großen Schaden anrichten.
Derzeit sucht man deshalb noch Interessierte, die sich zu Sternen-Guides ausbilden lassen. Eine Handvoll habe sich auf Tiroler Seite schon gemeldet. Für den kostenlosen Kurs, der sechs Nächte dauert und in einem Zeitraum von zwei Jahren abgewickelt wird, könne man sich bei den Bergbahnen oder dem TVB melden. Die Ausbildung erfolgt gemeinsam mit Sternen-Guides von Maseben. Man suche hierfür keine Wissenschafter, sondern den „Otto Normalverbraucher“, der den Sternenhimmel spannend erklärt, so Millinger.
„Ziel ist, dass auf beiden Seiten ein Sternenverein gegründet wird“, sagt Gerald Burger von der Ferienregion Reschenpass. Das ist derzeit noch Zukunftsmusik.