Wahlbehörde bestätigte Sieg der Opposition in Istanbul

Der Chef der türkischen Wahlbehörde hat den Sieg des Oppositionskandidaten Ekrem Imamoglu in der Istanbuler Bürgermeisterwahl bestätigt. Sadi Güven stellte am Montag das vorläufig offizielle Ergebnis der Wahl vom Sonntag vor. Demnach erreichte Ekrem Imamoglu von der größten Oppositionspartei CHP 54,21 Prozent der Stimmen.

Der Kandidat der Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan, Binali Yildirim, unterlag mit 44,99 Prozent aller Stimmen. Der Kandidat der kleinen Saadet-Partei erhielt 0,55 der Stimmen, der der Vatan-Partei 0,17 Prozent der Stimmen.

Das bedeutet allerdings nicht, dass Imamoglu sofort als Bürgermeister antreten kann. Zuerst kommt die Frist für Einsprüche und Beschwerden. Die können die Parteien Sadi Güven zufolge auf unterschiedlichen Ebenen bis Mittwoch kommender Woche einlegen. Wie viel Zeit sich die YSK nach Ende der Frist für die Entscheidung über eventuelle Einsprüche nehmen wird, blieb offen.

Der Beschwerdeprozess hatte nach der Kommunalwahl vom März mehrere Wochen lang gedauert - unter anderem, weil Imamoglu letztlich nur noch mit rund 14.000 Stimmen vor Yildirim lag und die AKP eine Flut von Einsprüchen vorlegte. Der Prozess endete damals mit der Annullierung der Wahl und dem Entzug des Mandats für Imamoglu.

Diesmal konnte der Oppositionspolitiker Imamoglu seinen Abstand massiv ausbauen. Güvens Zahlen zufolge liegen 805.415 Stimmen zwischen den Kandidaten. Imamoglu habe 4.740.868 Stimmen bekommen, sagte er. Yildirim bekam 3.935.453 Stimmen.

Die Wahlbeteiligung lag bei 84,5 Prozent. Demnach hatten fast neun Millionen Istanbuler gewählt - ähnlich wie bei der ersten Runde der Kommunalwahl in Istanbul am 31. März.

Damals hatte Imamoglu die Bürgermeisterwahl bereits gewonnen. Die Wahlkommission (YSK) annullierte das Ergebnis jedoch Anfang Mai wegen angeblicher Regelwidrigkeiten und gab damit einem Antrag von Erdogans AKP statt.

Anhänger der Opposition feierten am Sonntag bis spät in die Nacht den Wahlsieg Imamoglus. In den Oppositionshochburgen Besiktas und Kadiköy tanzten in der Nacht auf Montag Menschen auf den Straßen, schwenkten Türkei-Flaggen und tranken „auf die Gesundheit von Tayyip“, Präsident Erdogan.

Für Erdogan, der auf eine Wiederholung der Wahl gedrängt hatte, ist die erneute Niederlage ein Schlag ins Gesicht. Die Millionenmetropole ist der wirtschaftliche Motor des Landes und hat hohe symbolische Bedeutung. 25 Jahre lang war sie von islamisch-konservativen Bürgermeistern regiert worden, unter anderem von Erdogan selbst.

Bei der Neuwahl des wichtigsten Bürgermeisterpostens im Land waren 10,5 Millionen Menschen aufgerufen, an rund 31.000 Urnen ihre Stimmen abzugeben. Die Wahl wurde im In- und Ausland aufmerksam beobachtet.

Die Beobachter des Europarates stellten der Bürgermeisterwahl ein insgesamt gutes Zeugnis aus. In einer am Montag versandten Stellungnahme sagte der Leiter der 14-köpfigen Delegation, Andrew Dawson, dass die Wahl „kompetent“ und in einer „grundsätzlich geordneten und professionellen Weise“ ausgerichtet worden sei.

Dawson sagte aber auch, dass die 14 Beobachter, die in rund 30 der 39 Bezirke unterwegs waren und 90 Urnen besuchten, zu viele „aggressive Begegnungen“ erleben mussten. So etwas sei bei Beobachtermissionen selten, deshalb wolle er es erwähnen. Es habe Versuche gegeben, die Teams einzuschüchtern, manchmal durch Beobachter der Parteien. Die Ursache liege möglicherweise in der „angespannten Atmosphäre“ am Wahltag und in den Wochen zuvor. „Es war offensichtlich, dass für viele Menschen viel auf dem Spiel stand“, sagte Dawson.

Die erste Runde hatte die Wahlbehörde ausgerechnet wegen einer Formalie für ungültig erklärt. Diesmal habe die Delegation „die rigide Anwendung von Regeln“ beobachtet, die in einzelnen Fällen dazu geführt habe, die Dinge schwieriger zu machen. „Wir haben auch sehr viele besorgte und gestresste Menschen gesehen, die ihr Bestes in einer schwierigen Umgebung getan haben.“