Atomabkommen: Iran will weitere Verpflichtungen kippen

Der Iran will in knapp zwei Wochen seine Ankündigung wahr machen und weitere Verpflichtungen aus dem Atomabkommen kippen. Am 7. Juli werde das Land neue Schritte unternehmen, um seine in der 2015 in Wien geschlossenen Vereinbarung getroffenen Zusagen zu reduzieren, kündigte Ali Shamkhani vom Obersten Nationalen Sicherheitsrat laut einem Bericht der Nachrichtenagentur FARS am Dienstag an.

Die europäischen Vertragspartner hätten nicht genug zur Rettung des Abkommens getan, begründete Shamkhani den Plan. Anfang Mai hatte der Iran den Europäern eine 60-tägige Frist gesetzt, in der sie versprochene Maßnahmen umsetzen sollten, die dem Land dabei helfen, negative wirtschaftliche Folgen neuer US-Sanktionen für den Öl- und Bankensektor im Iran auszugleichen. Die europäischen Vertragsstaaten Großbritannien, Frankreich und Deutschland wollen das Atomabkommen bewahren.

Die Vereinbarung sieht vor, dass der Iran sein Atomprogramm zurückfährt und im Gegenzug Sanktionen aufgehoben werden. Sie steht auf der Kippe seit US-Präsident Donald Trump sie 2018 einseitig aufgekündigte, neue Sanktionen verhängte, und der Iran im Gegenzug Anfang Mai damit begann, erste Verpflichtungen nicht mehr einzuhalten.

Am Freitag werden sich die Vizeaußenminister der verbliebenen Vertragsstaaten - neben den Europäern Russland und China - mit iranischen Vertretern in Wien treffen. Bei den Gesprächen ist auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini anwesend.

Der UNO-Sicherheitsrat verurteilte zuvor die Anschläge auf zwei Öltanker im Golf von Oman. Die Attacken stellten eine ernsthafte Bedrohung für den internationalen Frieden und die weltweite Sicherheit dar, hieß es. Die Ratsmitglieder riefen die Konfliktparteien in der Iran-USA-Krise zu „maximaler Zurückhaltung“ auf. Unterdessen ging der verbale Schlagabtausch zwischen den USA und dem Iran weiter.

Es müssten Maßnahmen getroffen werden, um die Eskalation und die Spannungen zu reduzieren, sagte der kuwaitische UNO-Botschafter Mansour Al-Otaibi am Montag nach der Sondersitzung in New York. Kuwait steht dem mächtigsten UNO-Gremium momentan vor.

Nach Angriffen auf die Öltanker und dem Abschuss einer US-Drohne im Persischen Golf waren die Spannungen in der Nahost-Region zuletzt eskaliert. US-Präsident Donald Trump stoppte einen bereits angeordneten Angriff gegen Iran vergangene Woche nach eigenen Angaben kurz vor seiner Ausführung. Die jüngste Eskalation hatte international Sorge über einen neuen Golf-Krieg ausgelöst.

Der verbale Schlagabtausch ging auch am Dienstag weiter. Der iranische Präsident Hassan Rouhani bezeichnete das Weiße Haus als „geistig zurückgeblieben“ und bezichtigte die US-Regierung der Lüge. Sie wolle keinen Dialog, und die neuen Sanktionen gegen Khamenei bewiesen das, so Rouhani in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache. Der Iran praktiziere eine „strategische Geduld“, das bedeute aber nicht, dass er Furcht habe.

Über die neuen von den USA verhängten Sanktionen gegen die iranische Führung zeigte er sich aber gelassen. Sie würden ihre Wirkung verfehlen und zeigten nur die Verzweiflung der US-Regierung. Die Strafmaßnahmen gegen das geistliche und staatliche Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei liefen ins Leere, da er keine Auslandskonten besitze, so Rouhani.

Die USA und der Iran überzogen einander bei den Vereinten Nationen mit Schuldzuweisungen. Die USA legten dem Rat Informationen zu mehreren Tanker-Angriffen im Mai und Juni vor. Diese zeigten nach Angaben des stellvertretenden amerikanischen UNO-Botschafters Jonathan Cohen, dass der Iran an den Attacken schuld sei. Als nämlich einer der Sprengsätze nicht hochgegangen sei, habe sich ein Boot mit Höchstgeschwindigkeit dem Punkt am Tanker genähert, wo dieser angebracht gewesen sei. „Es ist auffällig, dass das Boot genau wusste, wo es nach der nicht explodierten Mine suchen musste“. So nähere man sich keinem unbekannten Sprengsatz. Zum Abschuss einer US-Drohne durch den Iran vergangene Woche sagte Cohen, dass diese niemals in den iranischen Luftraum eingedrungen sei. Anderslautende Angaben Teherans seien „falsch“.

In der zweiten Phase des Teilausstiegs aus dem Atomdeal will der Iran ab 7. Juli die Beschränkung der Urananreicherung aufheben und Uran höher anreichern als die im Abkommen vereinbarte Obergrenze von 3,67 Prozent. Das wäre nach Meinung von Beobachtern das Ende des Wiener Abkommens.