Birgit Hebein ist Wiener Vizebürgermeisterin und Stadträtin

Die Wiener Grünen-Chefin Birgit Hebein ist am Mittwoch zur neuen Verkehrs- und Planungsstadträtin sowie zur Vizebürgermeisterin gekürt worden. Sie folgt auf Maria Vassilakou, die sich aus der Stadtpolitik zurückzieht. Hebein erhielt in den insgesamt drei Abstimmungen im Gemeinderat jeweils 54 von 96 abgegebenen Stimmen.

Bevor die Urnengänge stattfanden, ergrifft Hebein das Wort. „Ich bin bereit. Ich bin bereit für mehr Verantwortung“, versicherte sie. Sie war erst am Wochenende zur Chefin der Wiener Grünen gekürt worden. In ihrer rund 20 Minuten dauernden Rede nahm sie die Mandatare mit auf eine Reise in das Jahr 2030 und zeichnete ihre Visionen für ihr Wien der Zukunft.

Ihr zufolge wird die Metropole 2030 zwei Millionen Einwohner haben, etwa 15 Prozent davon Kinder. „Es ist eine Stadt, wo Kinder in Freiheit leben können - und zwar alle Kinder.“ Es werde Grünraum geben, Jugendliche könnten über die Gestaltung von Räumen mitbestimmen. Wien solle eine Stadt der kurzen Wege sein, wo Menschen ihre alltäglichen Besorgungen im Grätzel erledigen könnten.

„Zu meinem Bild gehört auch, dass Staufahren langweilig geworden ist und dass Autofahren trotzdem wertfrei möglich ist“, führte sie weiter aus. Die Anzahl der Pkw sei weiter signifikant gesunken, es gebe einen „völligen“ Öffi-Ausbau, attraktive Auto-Verleih- und -Sharing-Angebote, das eigene Auto sei die Ausnahme. Auch Alternativen für Pendler würden dann existieren. Auch leistbares Wohnen sei ein Grundrecht. Als ihre Eckpfeiler ihres politischen Wirkens bezeichnete sie den Klimaschutz und den sozialen Zusammenhalt.

Sie ersuchte um Unterstützung aller Fraktionen: „Ich strecke die Hand aus, wenn es um konstruktive Vorschläge geht, für unser Wien. Das meine ich ernst.“ Aber sie stellte auch klar: „Ich werde nie im Leben, mit niemandem, über Menschenrechte verhandeln.“

Zuvor hielt Vassilakou ihre Abschiedsrede. „Ich gehe nun mit einem letzten Wunsch: Passen Sie gut auf sich auf und passen Sie auf Wien auf“, ersuchte sie. Vassilakou zog 1996 in den Gemeinderat ein. Seit 2010 - dem Beginn von Rot-Grün in Wien - bekleidete sie das Amt der Vizebürgermeisterin sowie der Stadträtin für Verkehr, Stadtentwicklung, Klimaschutz und Bürgerbeteiligung, wie das Ressort in voller Länge heißt.

In ihrer Rede dankte sie Weggefährten, berichtete über Erlebnisse als junge Zuwanderin in den 1990er Jahren und resümierte über ihre Zeit in der Stadtpolitik. Sie erinnerte etwa an Projekte wie die 365-Euro-Jahreskarte, den Umbau der Mariahilfer Straße und der Herrengasse zu Begegnungszonen oder die Bürger-Solarkraftwerke. Ihr Motto sei immer gewesen: „Eine Stadt, die darauf schaut, dass junge Familien mit ihren Kindern gerne in der Stadt bleiben, hier leben, weil sie es gerne tun und nicht weil sie es müssen.“

Was sie in ihren neun Jahren als Mitglied der Stadtregierung gelernt habe? „Ja, es fliegen die Hackeln. Manchmal bleiben auch Narben zurück, wenn eines steckt. Aber das muss man aushalten. So ist es und das gehört dazu. Am Ende zählt nur dieses eine: Es ist egal, welche Visitenkarte du hast, es ist egal, was auf deinem Türschild steht. Das einzige, was zählt, ist eine Vision: Welche Art von Stadt will ich haben und der ungebrochene Wille dahin zu arbeiten, dass diese Vision Wirklichkeit wird.“

Dank an Vassilakou kam vom Wiener Bürgermeister und SPÖ-Chef Michael Ludwig. Sie sei für eine „Politik mit Kontur und Kanten“ gestanden, würdigte er die scheidende Spitzenvertreterin des Koalitionspartners. Diese habe Themen mit „großer Begeisterung“ vorangetrieben, wisse, wie beschwerlich der Weg der Integration sein könne und verfüge über die „Gabe der Ironie“. Dabei verwies er auf jenes Plakat, auf dem sich Vassilakou als Hexe abbilden ließ.

Ludwig zeigte sich stolz, der rot-grünen Koalition vorzustehen. Natürlich gebe es verschiedene Auffassungen zwischen den Parteien. Auf „Message Control“ verzichte man jedoch: „Wir sind der Meinung, das Bürgerinnen und Bürger das Recht haben, zu wissen, wofür politisch Verantwortliche stehen.“ Und das Stadtoberhaupt beteuerte: „Ich freue mich schon sehr auf die Zusammenarbeit mit Birgit Hebein.“

Sogar von der Opposition kam Lob. Die nicht amtsführende Stadträtin Ursula Stenzel (FPÖ) zog sogar Parallelen mit der Ressortchefin: „Mit 50 bin ich noch einmal durchgestartet und mit 50 starten Sie noch einmal durch, dafür wünsche ich Ihnen alles Gute.“ Sie habe als Bezirksvorsteherin im ersten Bezirk Vassilakou nach ihrem Vorgänger Rudolf Schicker (SPÖ) „fast als Wohltat“ empfunden, erzählte sie. Die neue Stadträtin sei viel pragmatischer gewesen, etwa bei Verkehrsfragen.

„Sie sind ein Herzeigemodell für gelungene Integration“, gestand Stenzel der Noch-Vizebürgermeisterin weiters zu. Auch bei der Mariahilfer Straße sei ihr „einiges gelungen“. Harsche Kritik übte Stenzel dann aber doch auch - am „Durchpushen“ des Heumarkt-Projekts.

ÖVP-Klubobfrau Elisabeth Olischar berichtete von ihrem - erfreulichen, wie sie betonte - ersten Antrittsbesuch bei Vassilakou. „Du hast mich herzlich und offen empfangen und gesagt: ‚Ich freue mich, dass sich noch eine Frau dem Thema Stadtplanung widmet. Ich bin die Mary.‘“ Vassilakou habe während ihrer Amtszeit stets polarisiert, habe aber Spuren hinterlassen und sei eine „harte Socke“. „Meine Fraktion war nicht mit allem einverstanden, was du entschieden hast“, betonte Olischar. Das gehöre aber zur Politik dazu.

NEOS-Klubchef Wiederkehr zeigte sich unter anderem von Vassilakous Gedanken angetan, dass Wien eine Stadt für alle sein soll: „Das halte ich für einen sehr wichtigen Ansatz.“ Vassilakou habe eine klare Vision gehabt und sei für ihre Ideen eingestanden. Die Gesamtbilanz fällt auch nach Ansicht des pinken Rathaus-Politikers „gemischt“ aus. Zwar sei etwa die Mariahilfer Straße ein „großartiges Projekt“, mit der Causa Heumarkt habe sie aber ein fragwürdiges Erbe hinterlassen, befand er.