Formel 1

Spielberg-Thriller als Adrenalinspritze für die Königsklasse

Max Verstappen (v.) zeigte ein beherztes Rennen und konnte Charles Leclerc kurz vor Schluss den Sieg noch entreißen.
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Ferrari-Held Charles Leclerc und Red-Bull-Jungstar Max Verstappen, beide 21 Jahre alt, sind definitiv die Zukunft der Formel 1.

Spielberg - Der Krimi von Spielberg ist das beste Gegengift zur diagnostizierten Langeweile in der Formel 1 gewesen. Die Schlacht der Zukunft zwischen Max Verstappen und Charles Leclerc elektrisiert schon jetzt das Publikum. Der einzige, dafür gewichtige Störfaktor war, dass die Entscheidung in der Grünen Mark erst nach zähen Beratungen der Stewards am grünen Tisch fiel.

"Der Große Preis von Österreich an diesem Sonntag war ein Beispiel in Reinform dafür, wie alle Rennen sein sollten, und wie viel man tun kann, um die Zuschauer des Sports in Spannung zu versetzen", schrieb die spanische Zeitung "Mundo Deportivo". Dass Verstappen nach einem missglückten Start durchs Feld pflügte, um Leclerc in einem dramatischen Finish den Sieg zu entreißen, hätte kein Hollywood-Drehbuch besser einfangen können.

Ferrari-Held Leclerc und Verstappen, beide 21 Jahre alt, sind definitiv die Zukunft der Formel 1. Dass sich Leclerc im langsameren Auto hartnäckig gegen den Niederländer wehrte, der im orangen Hexenkessel zur Hochform auflief, demonstrierte Talent und Willen. Dass sich die beiden nach Verstappens Überholmanöver in der 69. Runde nichts mehr zu sagen hatten, ist ein Hinweis auf einen Zweikampf zweier potenzieller Champions mit bösem Blut. Der dürfte der Formel 1 wohl auf Jahre hinaus Schlagzeilen liefern.

"Ich glaube, wir haben weitere 15, 20 Jahre Rennfahren vor uns", sagte Verstappen am Sonntag über das Zukunftsduell. Gegen Leclerc ist er schon in der Kindheit und Jugend gefahren. 2013 gewann Verstappen in Frankreich als 15-Jähriger die KZ-Kart-Weltmeisterschaft direkt vor Leclerc.

Verstappen bejubelte heuer in Spielberg ausgelassen über den ersten Honda-Sieg in der Red-Bull-Ära.
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"Die Formel 1 brauchte einen Motivationsschub, und die Jungen haben genau das geliefert. In ihrem Windschatten wurde die ältere Garde zu Nebendarstellern", hieß es im britischen "Guardian". Dass Sebastian Vettel im zweiten Ferrari WM-Favorit Lewis Hamilton in der Schlussphase ebenfalls überholte, wäre normalerweise fast eine Sensation. Am Sonntag war es nur Randnotiz.

Auch die gute Vorstellung von McLaren, das Lando Norris (6.) und Carlos Sainz (8.) in die Punkteränge brachte, oder Antonio Giovinazzi, der seinen ersten WM-Punkt mit einem Haircut durch Teamchef Alfa-Romeo-Frederic Vasseur bezahlen musste, gingen angesichts des packenden Duells an der Spitze nahezu unter. Kurios auch, dass der Österreich-Grand-Prix erst das neunte Rennen in der Geschichte war, in dem es keinen einzigen Ausfall gab - trotz Höchstbeanspruchung der Technik durch die Gluthitze.

Nervend war nur die lange Wartezeit, bis die Rennkommissare bei ihrer Untersuchung ihr Urteil gefällt hatten. "Wie er zurückgekommen ist von den Stewards, hat er gemeint: Ah, ich habe kein gutes Gefühl", berichtete Jos Verstappen über seinen Sohn Max. Aufgrund der langen Dauer der Beratungen und einer bereits von einigen Medien übernommenen Falschmeldung gingen auch die Ferraristi irgendwann von einem nachträglichen Sieg für die Scuderia aus. Das Image-Desaster für die Formel 1 wäre in diesem Fall aber nicht ausdenkbar gewesen.

Zahlreiche Gerüchte kursierten, wer aller bei den Verhandlungen mitgemischt haben könnte. Schließlich geht es im Hintergrund auch um die Zukunft von Red Bull und des Red Bull Rings in der Formel 1. Leclerc wiederum wird von Nicolas Todt gemanagt, dessen Vater Jean Todt Chef des Motorsport-Weltverbands (FIA) ist.

Bei Verstappen schwebt im Hintergrund das Damoklesschwert der Ausstiegsklausel in seinem Red-Bull-Vertrag. Die könnte jetzt bereits vom Tisch sein, nachdem er mit Red Bull vor der Sommerpause einen Sieg geschafft hat.

"Ich weiß, es gibt jede Menge Spekulationen über seinen Vertrag, aber man sollte nicht vergessen, dass wir Red Bull wirklich mögen", erklärte Jos Verstappen. Auch Red-Bull-Berater Helmut Marko sagte, es werde viel geschrieben. "Es gibt einige Experten, die mehr wissen als Max und mehr wissen als ich über die Vertragssituation. Das ist alles nicht Realität", meinte der Steirer. (APA)