BP-Wahl zu früh ausgezählt - Diversion für Wahlleiter
Nach Unregelmäßigkeiten bei der Bundespräsidenten-Stichwahl im Mai 2016 hat sich am Dienstag das Schöffengericht in Linz für eine Diversion in Höhe von 2.750 Euro für den Bezirkswahlleiter von Freistadt ausgesprochen. Er hatte vorzeitig bereits am Sonntagabend die Briefwahlkarten ausgezählt. Der Oberstaatsanwalt lehnte die Diversion aus „generalpräventiven Gründen“ ab.
Der 52-Jährige war wegen Amtsmissbrauchs angeklagt worden. Im Prozess hatte er sich nicht schuldig bekannt, auch wenn er den Sachverhalt des vorzeitigen Stimmauszählens nicht leugnete. Doch rechtfertigte er sein Vorgehen mit einer einstimmig von der Bezirkswahlbehörde erteilten Ermächtigung, vorzeitig mit der Aufarbeitung der Wahlkarten zu beginnen. So sei es in Freistadt bei allen Wahlen die gängige Praxis gewesen, seit 2007 per Gesetz der Beginn der Briefwahlauszählung mit Montag neun Uhr festgelegt worden war, erklärte der Angeklagte den Schöffen. Dass er in seiner Niederschrift an die Landeswahlbehörde jedoch festhielt, erst am Montag unter Beobachtung der erforderlichen fünf anwesenden Beisitzer ausgezählt zu haben, gab er zu.
Der Verteidiger sah den Straftatbestand des Amtsmissbrauchs allerdings nicht gegeben, da der Bezirkswahlleiter nicht wissentlich unsachgemäß agiert habe und auch der Vorsatz, jemanden in seinen Rechten zu schädigen, nicht bestanden habe. Er wollte eine diversionelle Erledigung des Verfahrens.
Dennoch stellte der als Zeuge geladene Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium, Robert Stein, fest: „Der vorzeitige Beginn der Auszählung der Briefwahl ist eine Rechtswidrigkeit.“ Das Erteilen einer Ermächtigung, die das ermögliche, hielt er für „undenkbar“. Auch der Oberstaatsanwalt meinte, dass mit dem Aufschlitzen des Umschlags, in dem sich das Wahlkuvert befindet, in Freistadt „die rote Linie überschritten“ wurde. Nachdem dann bei der Auszählung nur zwei statt der geforderten fünf Wahlbeisitzer anwesend waren, vermisste er eine ausreichende Kontrolle. Das geheime Wahlrecht könnte nicht garantiert werden, argumentierte der Oberstaatsanwalt. Dass der Wahlleiter die „walrechtlichen Bestimmungen nicht gekannt hat“, wollte er „nicht glauben“.
Der Richter versuchte durch die Zeugenaussagen der Mitglieder der Wahlkommission vor allem zu erfahren, ob eine „erhöhte Gefahr der Manipulation“ beim Auszählen gegeben war. Sie alle stritten dies ab, da nie eine Person allein im Raum gewesen wäre. Weiters drehte sich die Verhandlung um die Frage, was genau unter dem in der Ermächtigung festgehaltenen Begriff des Aufarbeitens der Briefwahlkarten zu verstehen sei. Und da herrschte offensichtlich in Freistadt kein Zweifel: „Auszählen“, sagten alle Zeugen unisono.
Die Schöffen entschieden sich dann für ein Diversion, da dem Angeklagten ein Schädigungsvorsatz nicht zweifelfrei nachzuweisen sei und damit auch nicht der Amtsmissbrauch. Wegen der falschen Niederschrift an die Landeswahlbehörde soll er 2.750 Euro zahlen. Sobald der Betrag beim Landesgericht Linz eingegangen sei, werde das Gericht einen Einstellungsbeschluss fassen. Dagegen kann dann der Oberstaatsanwalt Rekurs beim Oberlandesgericht einlegen.
Außer dem Wahlleiter war auch noch ein Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft wegen Verdachts des Amtsmissbrauchs angeklagt. Er soll eine Diensteinteilung unterfertigt haben, wonach Hilfskräfte zur Aufarbeitung der Briefwahl bereits für Sonntag eingeteilt wurden. Er wurde nicht rechtskräftig freigesprochen, da die Anklagebehörde keine Erklärung abgab.