Haftbefehl aufgehoben, Sea-Watch-Kapitänin Rackete ist frei

Die am Samstag festgenommene Kapitänin des Rettungsschiffes „Sea-Watch 3“, Carola Rackete, ist frei. Eine Untersuchungsrichterin der sizilianischen Stadt Agrigent, Alessandra Vella, hat am Dienstag nicht den Haftbefehl für die deutsche Kapitänin bestätigt. Die 31-Jährige befand sich seit Samstag unter Hausarrest.

Rackete habe sich bei der Landung in Lampedusa nicht für das Vergehen des Widerstandes gegen ein Kriegsschiff verantwortlich gemacht, wie die Staatsanwaltschaft behauptet, urteilte die Richterin. Die Kapitänin habe im Rahmen ihrer Pflichten gehandelt und die Migranten nach Lampedusa geführt. Die Untersuchungsrichterin betonte, dass Rackete gezwungen worden sei, Lampedusa anzusteuern, weil die Häfen in Libyen und Tunesien nicht sicher seien.

Der italienische Innenminister Matteo Salvini reagiert empört. Er sprach sich für die Ausweisung der Kapitänin aus Italien aus.

„Ich hatte mit strengen Strafen gerechnet. Offenkundig sind für die italienische Justiz die Missachtung von Gesetzen und ein Angriff auf ein Polizeischiff kein Grund, um hinter Gittern zu landen. Kein Problem: Für die kriminelle Kapitänin ist eine Maßnahme bereit, um sie in ihr Land zurückzuschicken, weil sie für die nationale Sicherheit gefährlich ist“, kommentierte Salvini am Dienstag.

„Rackete wird nach Deutschland zurückkehren, wo man mit einer Italienerin, die das Leben deutscher Polizisten in Gefahr bringt, nicht so tolerant wäre“, so der italienische Innenminister. „Italien ist stolz, seine Grenzen zu verteidigen. Wir sind anders als andere europäische Politiker, die denken, dass sie Italien wie ihre eigene Kolonie behandeln können“, reagierte Salvini.

Rackete war am Samstag mit dem Schiff „Sea-Watch 3“ mit 40 Migranten unerlaubt nach Lampedusa gefahren. Bei der Einfahrt in den Hafen konnte nur knapp ein Zusammenstoß des Rettungsschiffs mit einem Patrouillenboot vermieden werden. Die Kapitänin wurde festgenommen und auf der sizilianischen Insel unter Hausarrest gestellt. Ein neues italienisches Sicherheitsdekret stellt das unerlaubte Einfahren nach Italien unter eine Geldstrafe. Die „Sea-Watch 3“ wurde beschlagnahmt.

Unterdessen verließ „Sea-Watch 3“ den Hafen von Lampedusa in Richtung Licata auf Sizilien. Das Schiff wurde von Motorbooten der Polizei eskortiert. Im Hafen der Stadt Licata nahe Agrigent soll es technischen Kontrollen und einer Durchsuchung durch die Staatsanwälte unterzogen werden, die im Fall „Sea-Watch 3“ ermitteln, berichteten italienische Medien.

Die Hilfsorganisation „Mediterranea“ schickt indes gegen den Willen der italienischen Regierung ein neues Schiff aufs Mittelmeer. Das Schiff „Alex“ mit italienischer Flagge startete am Dienstag in Richtung Libyen, teilte die NGO per Twitter mit. Die „Alex“ war ein Begleitungsschiff der „Mare Jonio“, die im Mai vor der libyschen Küste 30 afrikanische Flüchtlinge gerettet hatte. Die Justiz ordnete die Beschlagnahmung des Schiffes an.

„Es ist absurd, das die ‚Mare Jonio‘ beschlagnahmt bleiben muss, weil wir 30 Menschenleben gerettet haben“, so die NGO. Zwei weitere Rettungsschiffe sind zurzeit im Mittelmeer unterwegs. Dabei handelt es sich um die „Open Arms“ der spanischen NGO „Proactiva Open Arms“ und um die „Alan Kurdi“ der deutschen Hilfsorganisation Sea-Eye.