Salzburger Festspiele: Ouverture Spirituelle unter Tränen

Nach dem Leiden im vergangenen Jahr, sind es nun die Tränen, die das Programm der Ouverture Spirituelle bei den Salzburger Festspielen fluten. Die unter Alexander Pereira etablierte Konzertreihe, die anfänglich Musik der Weltreligionen in den Mittelpunkt stellte, steht heuer unter dem Thema „Tränen“. In elf Konzerten erklingen thematische Bearbeitungen von der Renaissance bis in die Gegenwart.

Nicht nur im Opernbetrieb gibt Peter Sellars dieses Jahr den Ton an. Neben „Idomeneo“ und der Eröffnungsrede, zeichnet er auch zur Eröffnung der Ouverture Spirituelle am 20. Juli für das A-cappella-Werk „Lagrime di San Pietro“, Orlando di Lassos oft zitierter Höhepunkt geistlicher Vokalpolyphonie, in einer halbszenischen Adaption mit dem Los Angeles Master Chorale in der Kollegienkirche verantwortlich.

„Mythos“ haben die Salzburger Festspiele über das Festival geschrieben, darin fügt sich Pascal Dusapins Oper „Medeamaterial“ nach Heiner Müller am 28. Juli ein, die konzertant mit Jennifer France und dem Vocalconsort Berlin sowie der Akademie für Alte Musik unter Franck Ollu zu hören ist. Dabei geht es um eine der zentralen mythologischen Frauenfiguren, Medea, die neben Dusapins Werk auch noch einmal im Opernprogramm mit Luigi Cherubinis „Medee“ auftaucht. Unter dem Titel „Zeit mit Dusapin“ ist dem Franzosen ein Schwerpunkt gewidmet, zu dem auch sein durch das RSO interpretierte Orchesterwerk „Morning in Long Island“ in der Felsenreitschule und eine Ausstellung seiner fotografischen Arbeiten in der Leica Galerie gehören. Neben Dusapin wird auch George Enescu, mit „Oedipe“ nicht zuletzt im Opernprogramm präsent, die Reihe „Zeit mit Enescu“ gewidmet.

Neben diesen großen Fixpunkten innerhalb der Konzertschiene tauchen auch Marc-Antoine Charpentiers „Stabat Mater“-Vertonungen oder John Dowlands „Lachrimae, or Seaven Teares“ auf. Das Wehklagen der Sünder hallt in Bachs Kantate „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“ und ihr Echo bei Franz Liszt, in Wolfgang Rihms Motetten nach Passionstexten und in Sofia Gubaidulinas textlosen „Sieben Worten“ wider. Auch die Tränen der Maria erklingen, die sie während der Kreuzigung des Sohnes vergießt, auskomponiert von Charpentier und Domenico Scarlatti und aufgeführt am 27. Juli unter der Leitung von Jordi Savall.

Und schließlich werden die Tränen einer gar nicht so fernen Vergangenheit, fernab des kirchlichen Kontextes, mit Dmitri Schostakowitschs 7. Symphonie, der „Leningrader“, von Teodor Currentzis und dem SWR Symphonieorchester in Erinnerung gerufen. Beide werden am 26. Juli das erste Mal gemeinsam bei den Festspielen auftreten.