Von der Leyen bei Sitzung des EU-Parlaments in Straßburg
Nach der Nominierung als EU-Kommissionspräsidentin reist die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am Mittwochnachmittag nach Straßburg, um an einer Sitzung des EU-Parlaments teilzunehmen. Das vom EU-Rat vorgeschlagene Personalpaket für die Besetzung der EU-Topjobs stieß unterdessen bei den österreichischen Europadelegationen der SPÖ, Grünen und NEOS auf wenig Gegenliebe.
Die CDU-Politikerin Von der Leyen wurde bisher nur von den Staats- und Regierungschefs als neue Kommissionspräsidentin nominiert und benötigt die Zustimmung des Parlaments, um den EU-Chefposten übernehmen zu können. Ob es ihr gelingt, die Abgeordneten auf ihre Seite zu ziehen, ist bisher unklar.
Das vom EU-Rat am Dienstag vorgeschlagene Personalpaket für die Besetzung der EU-Topjobs stieß etwa bei den österreichischen Europadelegationen der SPÖ, Grünen und NEOS auf wenig Gegenliebe. SPÖ-Delegationsleiter Andreas Schieder sieht den Rückzug von EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber als möglicher EU-Kommissionschef als „konsequent“ an, da ihm die Unterstützung „an allen Ecken und Enden“ fehle.
Das Paket, das die deutsche Verteidigungsministerin Von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin vorsieht, sei allerdings inakzeptabel und die SPÖ werde diesem Deal nicht zustimmen, hieß es in einer der APA übermittelten Stellungnahme. Die „Abkehr vom Spitzenkandidaten-Prinzip“ bezeichnete Schieder als einen „großen Fehler“.
„Wer sich gegen dieses System stellt, ignoriert dass die EU-Wahlen einen Einfluss auf die europäische Geschichte haben“, so der SPÖ-Politiker. „Es ist ein fatales Zeichen, wenn den Europafeinden, die die europäische Grundrechte schrittweise zerstören, nun nachgegeben wird“, wiederholte er in Hinblick auf die gegen den niederländischen Sozialdemokraten Frans Timmermans eingestellten Visegrad-Staaten. Timmermans war zuvor als EU-Kommissionschef zur Diskussion gestanden war.
Schieder kündigte Widerstand des EU-Parlaments gegen das Personalpaket an. Für die Besetzung des Chefsessels der EU-Kommission wird von den europäischen Staats- und Regierungschefs ein Kandidat vorgeschlagen, der jedoch die Zustimmung des EU-Parlaments finden muss.
Die Vorsitzende der grünen Delegation im Europäischen Parlament Monika Vana sieht das Verhalten der EU-Regierungschefs ebenfalls als „inakzeptabel“ an und rief das Europaparlament zu einem „starken Signal“ auf. Ein solches wäre die Wahl der Grünen Spitzenkandidatin Ska Keller zur Präsidentin des Europaparlaments.
Auch für NEOS-Europaabgeordnete Claudia Gamon war das Prozedere „ein unwürdiges und undemokratisches Schauspiel“. „Das Parlament bestimmt die oder den nächsten Kommissionspräsidenten und werden diese Rolle auch ernst nehmen“, kündigte sie an. „Taktiererei sowie intransparente Machtspielchen im Hinterzimmer“ seien „eindeutig der falsche Weg“ und tuen dem Ansehen der Europäischen Union nicht gut.
Die Delegationsleiter der Grünen und SPÖ hatten im Vorfeld zudem kritisiert, dass die europapolitischen Positionen von Von der Leyen nicht bekannt seien. Auf die Arbeit von Von der Leyen als Verteidigungsministerin nahm die friedenspolitische Sprecherin der Delegation der deutschen Linken Özlem Alev Demirel Bezug. Sie sieht diese als „leider bestens qualifiziert“ an, da sich die EU-Kommission vorhabe, „im Militärbereich künftig eine deutlich prominentere Rolle zu spielen als bislang“, hieß es in einer Aussendung. Von der Leyens Ziel ist es nach Einschätzung von Demirel, die EU zu einer Rüstungsunion umzubauen. Die deutsche Verteidigungsministerin sei friedenspolitisch ein „böses Omen“ für die kommenden Jahre.
Gegenwind für Von der Leyen kommt auch von den deutschen Sozialdemokraten. Die deutsche SPD-Spitzenkandidatin für die Europa-Wahl, Katarina Barley, lehnte von der Leyen als Kommissionspräsidentin ab. „Zumindest in meiner Fraktion werden viele gegen diesen Vorschlag stimmen“, sagte sie im ZDF. Die deutsche Ministerin sei in Europa kaum bekannt. Zu ihrer früher erklärten Absicht, Vizepräsidentin im EU-Parlament zu werden, äußerte sich Barley ausweichend: „Das steht im Moment nicht im Vordergrund.“