Rettungsschiff „Alex“ legte trotz Verbots auf Lampedusa an

Das Rettungsschiff „Alex“ der italienischen Hilfsorganisation Mediterranea ist am Samstag trotz eines vom italienischen Innenminister Matteo Salvini verhängten Verbots in den Hafen von Lampedusa eingelaufen. Auf Bildern des Nachrichtensenders SkyTG24 war zu sehen, wie der Motorsegler an einem Pier des Hafens der italienischen Mittelmeerinsel festmachte.

Zunächst ging keiner von Bord. Innenminister Salvini kündigte laut ANSA umgehend an, die Landung der 41 Migranten nicht zu genehmigen. Zuvor hatte die NGO Mediterranea auf dem Boot den Notstand wegen einer als unerträglich beschriebenen Gesundheits- und Hygienesituation ausgerufen und war in Richtung der Insel gesegelt. Die italienische Regierung hatte die Organisation zuvor aufgefordert, mit dem Rettungsschiff Malta anzusteuern. Die elfstündige Reise sei aber zu lang und gefährlich, sagte Mediterranea. Nach Angaben der Organisation befänden sich nahezu 60 Menschen an Bord, darunter 41 Gerettete. Zugelassen sei das Schiff lediglich für 18 Menschen.

Die unter italienischer Flagge segelnde „Alex“ hatte am Donnerstag 54 Migranten an Bord genommen. Salvini untersagte dem Boot per Dekret die Einfahrt in italienische Gewässer und forderte es auf, die maltesische Hauptstadt Valletta anzusteuern. Ungeachtet dessen konnten allerdings 13 Menschen die „Alex“ in Lampedusa verlassen.

Mit der Landung auf Lampedusa folgte die „Alex“ dem Beispiel des deutschen Rettungsschiffes „Sea-Watch 3“, das vor einer Woche trotz Verbots unter dem Kommando der Kapitänin Carola Rackete mit 40 Migranten nach Lampedusa gefahren war. Das Rettungsschiff „Alan Kurdi“ der deutschen Hilfsorganisation Sea-Eye wartete unterdessen am Samstag vor Lampedusa außerhalb der italienischen Hoheitsgewässer auf eine Erlaubnis, 65 gerettete Migranten an Land bringen zu dürfen.

Italiens Innenminister Salvini kündigte noch am Samstagabend in Reaktion auf die Landung der „Alex“ ein härteres Vorgehen an. Seine rechtspopulistische Partei Lega werde vorschlagen, die Strafe für Hilfsorganisationen, die trotz eines Verbots italienische Häfen ansteuern würden, auf eine Million Euro anzuheben, twitterte Salvini am Samstag.

Der deutsche Innenminister Horst Seehofer forderte Salvini am Samstag in einem Brief auf, die Dauerkrise der Rettungsschiffe im Mittelmeer zu beenden. „Wir können es nicht verantworten, dass Schiffe mit geretteten Menschen an Bord wochenlang im Mittelmeer treiben, weil sie keinen Hafen finden“, schrieb Seehofer. Daher seien für die aktuellen Seenotrettungsfälle rasche europäische Lösungen in gemeinsamer Verantwortung nötig. „Ich appelliere daher eindringlich an Sie, dass Sie Ihre Haltung, die italienischen Häfen nicht öffnen zu wollen, überdenken“, fügte Seehofer hinzu. Wegen der gemeinsamen europäischen Verantwortung „und unseren gemeinsamen christlichen Werten“ dürfe es im Einzelfall keinen Unterschied machen, durch welche Organisation Migranten aus dem Mittelmeer gerettet wurden, woher die Besatzung stammt und unter welcher Flagge das Schiff fährt.

Deutschland hatte der EU-Kommission angeboten, Migranten von den Rettungsschiffen aufzunehmen. „Auch im Fall der „Alan Kurdi“ und der „Alex“ sind wir im Rahmen einer europäisch-solidarischen Lösung bereit, einen Teil der aus Seenot Geretteten aufzunehmen“, sagte Seehofer am Samstag. Dies habe er bereits am Freitag der EU-Kommission mitgeteilt und in Brüssel um Koordinierung gebeten. Eine Sprecherin der EU-Kommission in Brüssel sagte, Malta und Italien hätten die Kommission wegen einer Lösung mit Blick auf die Migranten an Bord der „Alex“ informiert. Im Fall der „Alan Kurdi“ habe die Kommission Vermittlungen mit den EU-Staaten aufgenommen.

Seehofer antwortete mit seinem Brief an Salvini auf ein Schreiben aus Rom vom Vortag. Darin drängte Salvini Seehofer, Verantwortung für die „Alan Kurdi“ zu übernehmen. Italien verteidige in verantwortungsvoller Weise die europäische Außengrenze und wolle nicht länger „der einzige „Hotspot von Europa““ sein. Deutschland lehnt jedoch das von Salvini verfochtene Prinzip ab, wonach der Flaggenstaat prinzipiell für gerettete Migranten zuständig sein soll.

In Deutschland demonstrierten am Samstag Tausende Menschen aus Solidarität mit den Seenotrettern im Mittelmeer für die Rechte von Schiffbrüchigen und Geflüchteten. Aufgerufen zu den Aktionen am Samstag hatte die Organisation Seebrücke. Besonders viele versammelten sich in Hamburg und Berlin: laut Polizei jeweils rund 3.000. Die Bewegung Seebrücke hatte sich im Sommer 2018 gegründet und fordert die Entkriminalisierung der Seenotrettung, sichere Fluchtwege und sichere Häfen für Flüchtlinge.

Nach einem Bootsunglück vor der Küste Tunesiens haben Rettungskräfte dort 13 Leichen afrikanischer Migranten aus dem Meer geborgen. Die Zahl werde wahrscheinlich noch steigen, sagte Mongi Slim von der Hilfsorganisation Roter Halbmond am Samstag. Unter den Leichen seien zwei Frauen.

Das Schlauchboot war am Montag aus Tunesiens Nachbarland Libyen nach Europa gestartet. Insgesamt waren der Internationalen Organisation für Migration (IOM) 86 Migranten an Bord, als es am Mittwoch nahe der tunesischen Küstenstadt Zarzis sank. Nur vier Migranten konnten gerettet werden, von denen einer später im Krankenhaus starb. Unter anderem würden noch drei Kinder vermisst, sagte Slim.