Berliner “Orbis Quartett“ in Erl: Belebend wie ein doppelter Espresso
Beim 2014 gegründeten Berliner Orbis Quartett in der Besetzung Tilman Hussla und Meike-Lu Schneider (Violine), Kundri Lu Emma Schäfer (Viola...
Beim 2014 gegründeten Berliner Orbis Quartett in der Besetzung Tilman Hussla und Meike-Lu Schneider (Violine), Kundri Lu Emma Schäfer (Viola) sowie Felix Thiemann am Violoncello haben sich vier begnadete Musiker gefunden. Dass Orbis auch „standhaft" sind, zeigten sie am Dienstag bei ihrem ersten Auftritt in Tirol im Rahmen der Festspiele Erl.
Spielen im Stehen, lediglich ein Hocker für den Cellisten, ist zwar nicht neu, auch das Emerson String Quartet bevorzugte diese Musizierweise bis ins hohe Alter, aber es bietet definitiv mehr Bewegungsfreiheit. Diese muss nicht unbedingt mit Qualität einhergehen. Im Falle von Orbis tut sie es allerdings.
Dmitri Schostakowitschs Streichquartett Nr. 3, F-Dur, op. 173 ist im Gegensatz zu seinen Sinfonien kein Balanceakt zwischen politischer Anpassung und Widerstand, sondern purer Ausdruck seelischer Empfindungen, eine impulsive, bestürzend avancierte Klangsprache.
An instrumentaler Virtuosität besteht kein Mangel. Die Rasanz, mit der Orbis Schostakowitschs musikalische Wutausbrüche angehen, ist atemberaubend, ebenso wie das nuancenreiche Spiel mit den schillernden Klangfarben. Den Sinn für die subtilen Zwischentöne, hinter deren Heiterkeit sich Abgründe auftun, in feinster Detailarbeit vernimmt man ihn.
Felix Mendelssohn Bartholdys Streichquartett a-Moll, op. 13, ein genialer Wurf des noch blutjungen Komponisten, folgt nach der Pause. Schmalzige Anwandlung mitnichten, die innige Wärme, sie bleibt dennoch spürbar. Orbis gelingt eine von musikalischem Sinn erfüllte Lösung: Das romantische Versprechen wird eingelöst, betörend schön. Herb akzentuierend hört man aber auch die vehementen Kontraste dieser leidenschaftlichen Beethoven-Huldigung.
Stimmfest zeigten sich Orbis mit zwei Zugaben, darunter ein italienischer Evergreen, belebend wie ein doppelter Espresso. (hau)