Dünen in Gefahr

Strände werden Steinlandschaften: „Sandmafia“ plündert in Marokko

(Symbolbild)
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An Marokkos Stränden wüten organisierte Netzwerke, eine Art „Sandmafia“. Zehn Millionen Kubikmeter werden jährlich illegal abgebaut. Laut UN-Umweltprogramm leidet nicht nur der Tourismus.

Marrakesh – Die Plünderer haben ganze Arbeit geleistet: Am angesagten Monica-Strand im marokkanischen Mohammedia ist nur eine einzige Düne übrig geblieben. Dort haben organisierte Netzwerke Sand geklaut – vor allem für die Bauindustrie. „An der ganzen Küste hier sind die Dünen verschwunden“, sagt der marokkanische Umweltaktivist Jawad Hadi von der Organisation Anpel. Während an den Atlantikstränden zwischen Rabat und Casablanca immer mehr Appartementblocks entstehen, wird der Sand dort immer weniger. Eine „Sandmafia“ zerstöre die Küste, schreibt das UN-Umweltprogramm (UNEP) in seinem jüngsten Bericht.

Etwa zehn Millionen Kubikmeter Sand werden laut UNEP in Marokko jedes Jahr illegal abgebaut. Das ist mehr als die Hälfte des Sandes, den die Bauindustrie verbraucht. Beton besteht zu vier Fünfteln aus Sand und ist nach Wasser der am meisten konsumierte Rohstoff. „In Marokko werden mit dem Sand der Strände häufig Hotels, Straßen und andere touristische Infrastruktur gebaut“, heißt es in dem UN-Bericht.

Fehlt der Sand, erodiert die Küste. Nicht nur am Atlantik, auch an der Mittelmeerküste ist die Sandmafia aktiv. Zwischen Essaouira und Safi habe die Sandmafia einen großen Strand in eine Steinlandschaft verwandelt, schreibt die UNEP. Manchmal kommen die Plünderer mit Eseln oder Lastenrädern, andernorts laden sie ganze Lastwagen voll.

Geklauter Sand wird illegal verkauft

Der Sand werde teilweise von „organisierten Netzwerken“ geklaut, die mit Funktionären gemeinsame Sache machten, sagt Umweltaktivist Hadi. Politiker stellten Genehmigungen aus, ohne sich an die vorgeschriebenen Abbauquoten zu halten. Auch ein offizieller Sandhändler, der nicht namentlich genannt werden will, bestätigt das: „Hier ist eine gut organisierte Mafia am Werk, die keine Steuern zahlt.“ Sie verkaufe Sand, der „weder gewaschen noch entsalzt“ sei, und so eigentlich nicht zum Bauen verwendet werden dürfte. „Mit diesem Geschäft wird viel Geld gewaschen“, sagt der Branchenvertreter.

Adnane Afouss, der sich ebenfalls bei der Organisation Anpel engagiert, erklärt: „Wenn der Abbau in diesem Maß weiter geht, bleibt bald nur noch Fels übrig.“ Er zeigt das Ausmaß der Zerstörung auf seinem Smartphone – auf den Satellitenaufnahmen von Google Earth: „Hier in der Nähe von Safi haben sie den Sand auf einer Länge von sieben Kilometern abgebaut. Das war ein ehemaliger General“, sagt er. Afouss zoomt auf eine andere Stelle: Dort habe ein Politiker entlang mehrerer Kilometer Küste den Sand abbaggern lassen – obwohl er nur die Genehmigung für zwei Hektar gehabt habe.

In einer Erklärung nach der UN-Klimakonferenz in Marokko 2016 nannte das nordafrikanische Land den Umweltschutz als eine seiner wichtigsten Aufgaben. Es werde gerade ein Plan zum Küstenschutz erarbeitet, sagt die zuständige Staatssekretärin Nezha El Ouafi auf die Frage nach dem illegalen Abbau von Sand. Unterdessen warnt das UN-Umweltprogramm: „Wird weiter so viel gebaut, wird das wahrscheinlich dazu führen, dass die größte natürliche Attraktion für Touristen – die Strände – verschwindet.“ (AFP)

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