Wer nicht baut, kann verlieren: Schöpf will übers Rückwidmen reden
Der Präsident des Gemeindeverbandes, Ernst Schöpf, begeht für seine Partei einen Tabubruch. Erstmals will er alte Widmungen angreifen und den Eigentümern mit Rückwidmung drohen, falls sie nicht bauen.
Von Anita Heubacher
Innsbruck –Letzte Woche ließen gewerbliche Bauträger aufhorchen. Weil immer mehr Bürgermeister gegen neue Wohnanlagen mauern, würden zu wenige Wohnungen auf den Markt kommen. Mit neuen Widmungen gehen einige Gemeinden heute weitaus umsichtiger um als noch vor zehn, 15 Jahren. Zuzug, einst gewünscht, ist heute nicht mehr ganz so attraktiv für die Kommunen, die mit ihrer Infrastruktur an ihre Grenzen kommen.
Noch ein Paradoxon zeichnet die Tiroler Raumordnungspolitik aus: Gemeinderäte widmen Freiland in neues Bauland um, wobei in der Gemeinde bereits genügend Bauland ausgewiesen wäre. Tirolweit sind es 3000 bis 3600 Hektar, die gehortet werden. Das Land rät, Reserven abzubauen und erst dann neues Bauland zu widmen.
„Wir werden gescholten, dass wir in Bezug auf die Baulandreserven nichts bewegen konnten“, meint der Präsident des Gemeindeverbandes, Ernst Schöpf. Aus dieser „Pattsituation“ komme man nur heraus, wenn über ein Zeitfenster in Bezug auf Rückwidmungen gesprochen werde. „Das werden auch jene einsehen, die auf Bauland sitzen.“ Damit begeht der ÖVPler Schöpf einen Tabubruch, gilt doch Eigentum in der ÖVP als unantastbar. In Kärnten ist es, wie berichtet, ein SPÖ-Landesrat, der Rückwidmungen gesetzlich verankert haben will. Dies sei keine Enteignung, die Gemeinden seien zu keinen Entschädigungszahlungen verpflichtet, heißt es aus Kärnten.
Zurück nach Tirol. Das Eigentum des Grundbesitzers würde hier wie da bei einer Rückwidmung leiden, der Vermögenszuwachs dahinschmelzen. Das Zeitfenster, das Schöpf sich dafür vorstellen kann, sind fünf bis zehn Jahre. „Wenn der Grundbesitzer dann immer noch nicht baut, wird der Grund rückgewidmet.“
Ein solches Zeitfenster wurde eben erst gesetzlich verankert. Allerdings – und das ist der große Unterschied – nur für Neuwidmungen. Zehn Jahre hat der Grundbesitzer von neu gewidmetem Bauland Zeit, zu bauen, dann droht die Rückwidmung.
„Völlig sinnlos“, fällt dem Landtagsabgeordneten der Liste Fritz, Markus Sint, dazu ein. „Es geht nicht um Neuwidmungen. Dieser Grund wird sofort bebaut, sondern um alte Widmungen.“ Er schlägt vor, Baulandhortern in Aussicht zu stellen, dass sie, falls sie nicht bauen, zehn Prozent ihres Grundes für geförderten Wohnbau zur Verfügung stellen müssen. „Seit 1994 können Bürgermeister Vorbehaltsflächen für den geförderten Wohnbau ausweisen. Gemacht haben es an die 60 von 279 Dorfchefs.“ Derzeit sehe das Gesetz keinerlei Verpflichtung vor. „Das würden wir ändern und ein verpflichtendes Mindestmaß festlegen.“
Raumordnungslandesrat Johannes Tratter von der ÖVP zeigt sich gegenüber seinem Parteikollegen Ernst Schöpf gesprächsbereit, wenn dieser eine mit allen Bürgermeistern akkordierte gemeinsame Forderung nach einer Rückwidmung bestehenden Baulandes vorlege. „Ich lasse die Forderung des Präsidenten des Gemeindeverbandes gerne erneut prüfen.“ Tratters Stichwort an der Stelle: Gemeindeautonomie. Der Landesrat teilt den Befund von Schöpf nicht. Man habe Bauland mobilisieren können. „Die gewählten Maßnahmen zeigen jetzt Wirkung. Es geht aber nicht alles von heute auf morgen.“