Tirol

Mit Luisa gegen sexualisierte Gewalt

Symbolbild.
© E+

Für sorglose Freiheit im Nachtleben braucht es Sicherheit. Durch die Kampagne „Luisa ist hier!“ soll diese geboten werden.

Von Jara Majerus

Innsbruck — Der DJ wippt am Mischpult, blaues Licht umfasst die Silhouetten der Tanzenden. Die klirrenden Gläser und die gelallten Worte versinken in der lauten, dumpfen Musik.

Die Stimmung ist ausgelassen und die Nacht noch jung an diesem Samstag im Innsbrucker Club „Dachsbau". Die Besucher sind in Feierlaune und mit dem Tanzen wird nur aufgehört, um sich schnell frisch zu machen.

In Damentoiletten hängen Erklär-Sticker. So erfahren auch Betroffene, die noch nie von dem Projekt gehört haben, wo sie Hilfe bekommen.
© Privat

Auf der Damentoilette verrät ein kurzer Blick in den Spiegel: Luisa ist hier.

Es sind die dort aufgeklebten Sticker, die die Besucherinnen auf die Kampagne „Luisa ist hier!" aufmerksam machen. Eine Kampagne, mit der Frauen niederschwellig Hilfe angeboten wird, ohne dass diese direkt um Hilfe bitten müssen: „Wenn du in eine Situation kommst, in der du dich unwohl fühlst, musst du diese Situation nicht direkt ansprechen. Stattdessen gehst du an die Bar und fragst ?Ist Luis­a hier?'.

Dann wirst du von dem geschulten Personal in einen Raum abseits vom Trubel gebracht, wo dir geholfen wird. Mit dieser scheinbar belanglosen Frage fällt eine Hemmschwelle weg", erklärt Fred Lodrick, Co-Initiator und Mitbetreiber des Clubs „Dachsbau".

Er wollte durch die Kampagne nicht nur eine Hemmschwelle abbauen, sondern auch das Problem der sexualisierten Gewalt lösen.

Diese Hoffnung habe sich erfüllt, meint er: „Ich glaube, dass wir allein durch das Bestehen von ?Luisa' gegen sexualisierte Gewalt arbeiten."

Mittlerweile sind 15 Clubs und Bars Teil der Kampagne, die von der Stadt Innsbruck finanziert wird — darunter auch die Bar „Kater Noster". Charlotte, die dort arbeitet, meint: „Mir ist es hier noch nicht untergekommen, dass sich jemand mit der Frage ?Ist Luisa hier?' an das Barpersonal gewandt hat. Aber ich denke trotzdem, dass es das Projekt braucht. Man muss dafür sorgen, dass sich die Gäste beschützt fühlen, und das muss nach außen getragen werden."

Auch im „Dachsbau" wurde die Frage „Ist Luis­a hier?" laut Lodrick bis jetzt nur ein- bis zweimal gestellt. Er sieht trotzdem eine positive Entwicklung: „Ich merke, dass Frauen, seitdem wir das Codewort haben, generell öfter an die Bar kommen und sagen: ?Hey, es gibt ein Problem.' Durch die Kampagne wird klar signalisiert, dass die Frauen willkommen sind und sie das Barpersonal auf keinen Fall bei der Arbeit stören."

Woher kommt „Luisa“ und wo kann man sie mittlerweile finden?

Luisa ist hier. Die Kampagne hat ihren Ursprung in Deutschland, genauer gesagt in der Stadt Münster. Dort wurde sie von der Beratungsstelle für Frauen-Notruf Münster e.V. entwickelt und im Jahr 2016 gestartet. Zwar war „Luisa ist hier!" zu Beginn nur für Münster geplant, doch schnell beteiligten sich auch andere Städte. Mittlerweile sind 63 Städte — nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz und in Österreich — Teil der Kampagne.

Innsbruck. Innsbruck ist die erste Stadt Österreichs, die an der Kampagne teilnimmt. Die beiden Clubs „Dachsbau" und „p.m.k." gründeten die „Club Commission", um das Projekt umzusetzen. Mit der Drogenarbeit Z6, dem Frauenhaus Tirol und der Beratungsstelle „Frauen gegen VerGEWALTigung" holten sie „Luisa" im Mai 2019 nach Tirol. Die „Club Commission" gibt kostenlose Schulungen, um weitere Lokale in die Kampagne aufzunehmen.

Und die Kampagne scheint bei den Club-Besuchern gut anzukommen: „Wenn jemandem etwas Ungutes passiert, ist es gut, dass es ein Angebot für Hilfe gibt und die Leute hinter der Bar wissen, wie sie reagieren müssen", erklärt etwa Alexandra. „Ich finde die Kampagne und das Angebot super. Es braucht echt mehr Aufmerksamkeit für solche Themen", meint dazu Feli­x. Und auch Ines erklärt in einem Gespräch auf der Damentoilette, wie wichtig sie diese Aufmerksamkeit findet: „Viel­e Frauen sind von sexualisierter Gewalt betroffen und deswegen ist es notwendig, dass dieses Thema präsent ist."

Das Problem der sexua­lisierten Gewalt gegen Frauen ist kein Neues, erklärt Lodrick: „Es gibt immer jemanden, der sich nicht benehmen kann. Das war schon immer so. Der Unterschied ist jetzt halt, dass wir ihn schneller finden und rausschmeißen."

Für die Zukunft wünscht sich der Co-Initiator, dass das Projekt in ganz Österreich und Deutschland umgesetzt wird.

Im „Dachsbau" rücken die Morgenstunden zwar näher, doch die Nacht ist noch lange nicht vorbei. Der Club ist voll und die Gläser schon wieder leer. Einige lehnen locker an der Bar, andere tanzen wie verrückt. Auf die ausgelassene Samstagnacht folgt in der Regel ein verkaterter Sonntagmorgen, doch hier scheint sich deswegen niemand zu sorgen. Für diese Unbeschwertheit brauche es das Gefühl von Sicherheit, das „Luisa" in die Clubs bringt, meint Fred Lodrick abschließend.