Irland will mit Johnson über Brexit verhandeln

Der derzeitige EU-Ratsvorsitzende Antti Rinne hat dem britischen Premierminister Boris Johnson eine Woche Zeit gegeben, um einen Weg aus dem Brexit-Streit aufzuzeigen. „Ich habe Johnson gesagt, dass es wichtig ist, eine Lösung innerhalb einer Woche zu finden, damit die Angelegenheit ordentlich auf dem EU-Gipfel behandelt werden kann“, teilte der finnische Ministerpräsident Johnson mit.

Der britische Regierungschef habe ihm angesichts des Zeitplans zugestimmt. Der Gipfel findet am 17. und 18. Oktober statt. Finnland führt derzeit den Vorsitz der EU-Länder.

Rinne erklärte zudem, Johnson habe in dem Gespräch verstanden, welche Dinge die EU als Grundvoraussetzungen betrachte. Zu diesen von ihm genannten Bedingungen zählten die Einhaltung des Karfreitagsabkommens von 1998, das den jahrzehntelangen blutigen Konflikt in Nordirland beendete, sowie die Einheit der EU und ein funktionierender Binnenmarkt. Es sei wichtig, dass Großbritannien schriftliche Alternativvorschläge zum zuvor vereinbarten und von Johnson abgelehnten Austrittsabkommen vorgelegt habe. Diese Lösungsvorschläge stellten jedoch nicht sicher, dass die Bedingungen der EU erfüllt würden.

In der „Welt am Sonntag“ hatte Rinne gesagt, er sei bereit, eine Bitte um Verlängerung der Brexit-Verhandlungen zu erwägen. Er gehe davon aus, dass bei dem Gipfel nicht über ein konkretes Austrittsabkommen, sondern vielmehr über eine erneute Verlängerung der Verhandlungen gesprochen werde. Am Freitag war bekannt geworden, dass Johnson Berichten zufolge doch eine Verlängerung der Brexit-Frist beantragen wolle, sollte kein Deal zustande kommen.

Zuvor teilte der irische Ministerpräsident Leo Varadkar mit, er wolle mit Johnson über einen Ausweg aus der Brexit-Krise verhandeln. „Wir sind dabei, ein Treffen mit Premierminister Johnson für nächste Woche zu arrangieren“, sagte Varadkar am Samstagabend. „Die Zeit ist knapp.“ Beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs der EU-Länder Mitte Oktober sei nicht zu erwarten, dass diese „etwas entscheiden und unterschreiben, was sie erst in der Nacht davor oder zwei Tage zuvor sehen“, begründete Varadkar seinen Vorstoß.

Die künftige Ausgestaltung der Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und der britischen Provinz Nordirland ist der größte Streitpunkt in den Gesprächen über einen EU-Austritt Großbritanniens, der zum 31. Oktober erfolgen soll. Die „Backstop“ genannte Notfalllösung sieht vor, dass die Grenze nach dem Brexit durchlässig bleibt, bis eine endgültige Regelung gefunden wird. Allerdings soll Nordirland bis dahin Teil des EU-Binnenmarktes bleiben. Johnson und die Mehrheit des Parlamentes in London lehnen dies ab. Am Mittwoch schlug Johnson einheitliche Regelungen auf der gesamten irischen Insel für bestimmte Bereiche des Handels vor. Ein Wiederaufbau von Grenz- und Zollanlagen soll vermieden werden.

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