Westbalkan: EU-Ratsvorsitz schlägt Entkoppelung vor

Nach einer ersten Besprechungsrunde beim EU-Ministerrat hat der finnische Vorsitz eine Trennung der Entscheidungen über die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Albanien und Nordmazedonien vorgeschlagen. Ein Text für entsprechende Schlussfolgerungen sei in Vorbereitung, verlautete am Dienstag aus Ratskreisen in Luxemburg.

Die Europaminister sollen am Dienstag über den Start von EU-Beitrittsgesprächen mit den Westbalkanstaaten Albanien und Nordmazedonien entscheiden. Während Frankreich Widerstand gegen die Aufnahme der Verhandlungen mit beiden Ländern angekündigt hat, haben andere Länder wie die Niederlande, Spanien und Dänemark vor allem gegenüber Albanien Vorbehalte geäußert. Beschlüsse der EU über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen müssen einstimmig fallen.

Die EU-Kommission hatte Albanien und Nordmazedonien bereits im vergangenen Jahr bescheinigt, alle dafür notwendigen Reformen umgesetzt zu haben. Die Mitgliedstaaten haben seitdem ihre Entscheidung über die Aufnahme der Beitrittsgespräche wegen des Widerstands einzelner Länder aber bereits zweimal verschoben.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wird nach Regierungsangaben auf dem EU-Gipfel auf die Eröffnung von EU-Beitrittsgesprächen mit Nordmazedonien und Albanien bestehen. Merkel werde das Thema am Mittwoch in ihrem Gespräch mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei den deutsch-französischen Ministerratstreffen ansprechen, kündigte ein Regierungsvertreter in Berlin an.

Sei das nicht erfolgreich, werde Merkel dies auch auf dem EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel vorbringen. „Das ist kein Thema, was wir unter ferner liefen verhandeln“, betonte er. Es gehe um eine „entscheidende strategische Frage“ für die EU. Der Bundestagsbeschluss für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit den beiden Westbalkan-Staaten unter bestimmten Bedingungen habe vielen anderen EU-Staaten eine Brücke gebaut. Sowohl Nordmazedonien als auch Albanien hätten verdient, dass man die Gespräche nun beginne.

Die französische Regierung bekräftigte dagegen am Dienstag ihren Widerstand. „Diese Länder werden eines Tages Mitglieder der EU sein, aber es ist zu früh, den rechtlichen Weg zu beschreiten“, sagte ein Vertreter des französischen Präsidenten in Brüssel. Frankreich gibt traditionell eher der Vertiefung der EU-Zusammenarbeit den Vorrang vor einer Erweiterung. Neben Frankreich hatte sich in den vergangenen Monaten vor allem die Niederlande kritisch gezeigt. Die EU-Kommission bescheinigt Albanien und Nordmazedonien dagegen, die Anforderungen für den Beginn von Verhandlungen erfüllt zu haben.

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