Großbritannien legte EU Brexit-Entwurf vor

Großbritannien hat der EU Entwürfe für eine Brexit-Vereinbarung vorgelegt. Das teilte der britische Brexit-Minister Stephen Barclay mit. Großbritannien sei willens, eine Scheidungsvereinbarung mit der EU zu treffen. „Wir sind zuversichtlich, dass wir vor dem 31. Oktober ein Abkommen ratifizieren können.“

Nach Ansicht des früheren Brexit-Ministers David Davis könnte die nordirische Unionistenpartei DUP im Streit über den EU-Austritt zum Zünglein an der Waage werden. „Viele Tory-Abgeordnete werden sich danach richten, was die DUP macht“, sagte der Konservative am Mittwoch dem Sender BBC.

Bei den Brexit-Verhandlungen zwischen London und Brüssel ist offenbar wieder eine Zollgrenze in der Irischen See ins Spiel gebracht worden. Davis erinnerte daran, dass die DUP-Chefin Arlene Foster einen solchen Vorschlag schon einmal als „blutige rote Linie“ bezeichnet habe.

Es werde bei den Gesprächen nun viel davon abhängen, ob Foster den Vorschlag als „akzeptablen Kompromiss“ betrachte, sagte Davis. Foster war am Dienstagabend mit Premierminister Boris Johnson zu einem eineinhalbstündigen Gespräch in London zusammengetroffen. Britische Medien spekulierten, dass eine kräftige Finanzspritze die Entscheidung der DUP für ein solches Abkommen erleichtern könnte.

Johnson verfügt über keine Mehrheit im Unterhaus und ist auf jede Stimme angewiesen. Er muss Überzeugungsarbeit leisten. Am Dienstag waren Minister und auch Mitglieder der European Research Group (ERG), die aus etwa 80 Brexit-Hardlinern besteht, im Regierungssitz ein- und ausgegangen. Das Unterhaus war bisher im Brexit-Kurs zerstritten.

Die Chefin der europafreundlichen Liberaldemokraten, Jo Swinson, kündigte in einem BBC-Interview an, dass ihre Partei einem Abkommen zum EU-Austritt zustimmen könnte. Voraussetzung sei allerdings, dass dies mit einem neuen Referendum verknüpft werde. Die Öffentlichkeit müsse das letzte Wort haben, betonte Swinson.

Im Ringen um die Brexit-Lösung stehen die Zeichen auf einen zusätzlichen Brexit-Sondergipfel vor Monatsende, dem Ablauf der britischen Austrittsfrist. Für die EU-Staats- und Regierungschefs sei auch die Haltung des Londoner Unterhauses am 19. Oktober entscheidend, die Sitzung findet einen Tag nach dem regulären EU-Gipfel statt, sagte ein EU-Diplomat am Mittwoch in Brüssel.

Klarheit erhoffen sich die EU-Staaten von einem Briefing des EU-Chefunterhändlers Michel Barnier am heutigen Mittwoch um 14.00 Uhr zum Verhandlungsstand. EU-Ratspräsident Donald Tusk führe zusätzlich noch Telefongespräche mit dem britischen Premier Boris Johnson und dem irischen Regierungschef Leo Varadkar.

Eine mögliche weitere Fristverschiebung für Großbritannien wäre nichts, was von den EU-Botschaftern zu entscheiden wäre, sagte ein ranghoher Diplomat. Dies würde für einen weiteren Brexit-Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs im Oktober sprechen.

Es sei vonseiten der EU klargestellt worden, dass beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag nicht neue Texte entworfen oder Verhandlungen mit den Briten geführt werden sollen, sagte der Diplomat. Daher sei die politische Einschätzung Barniers am Nachmittag besonders wichtig.

Österreich ist optimistisch, dass es bei den Brexit-Gesprächen zu einer Lösung kommen könnte. „Es gibt durchaus ermutigende Zeichen und Signale der handelnden Personen“, sagte Regierungssprecher Alexander Winterstein am Mittwoch beim wöchentlichen Pressebriefing.

Auf die Frage, wie Österreich der ventilierten Variante einer Zollgrenze in der Irischen See gegenüberstehen würde, sagte Winterstein, er könne nicht sagen, wie sich Österreich einer Lösung gegenüber verhalten werde, die noch nicht vorliege. Die Verhandlungen würden jedenfalls sehr intensiv und ernsthaft geführt. Er sei Optimist und hoffe, dass die Gespräche zu einem positiven Ergebnis führten. Eine weitere Verschiebung des Austrittsdatums ist für Österreichs Regierung dann vorstellbar, wenn es nur noch um technische Nachbesserungen bzw. den „Feinschliff“ gehen würde.

Beim EU-Gipfel am Donnerstag werde Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein die bereits bekannten Positionen vertreten: So tritt Österreich dafür ein, dass Beitrittsgespräche mit Nordmazedonien und Albanien aufgenommen werden. Beide Länder hätten getan, was von ihnen erwartet wurde, sagte Winterstein. Bierlein wird sich außerdem dafür aussprechen, dass der Ausgabenrahmen des künftigen EU-Budgets weiter bei einem Prozent der europäischen Wirtschaftskraft bleiben soll.