Tschechien will AKW-Ausbau auch gegen EU-Recht durchsetzen

Der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis will den Bau neuer AKW-Blöcke mit allen Mitteln erreichen. „Wir müssen das durchsetzen, selbst wenn wir europäisches Recht brechen müssten“, sagte Babis nach Angaben der Agentur CTK am Mittwoch vor Abgeordneten in Prag. Die Sicherheit der Energieversorgung habe für Tschechien Priorität. Kritik an den Plänen kam von österreichischen Politikern.

Offen blieb, ob sich die Aussage auf die Prüfung der Umweltverträglichkeit, die Frage staatlicher Beihilfen oder andere EU-Vorgaben bezog. Man habe schon vor geraumer Zeit mit dem Ausbau beginnen sollen, erklärte der Gründer der populistischen Partei ANO. „Bei der Atomkraft haben wir die Zeit verschlafen“, kritisierte der Unternehmer und Multimilliardär. Die Regierung plant, den Anteil der Atomkraft am Strom-Mix bis 2040 auf die Hälfte zu erhöhen.

Tschechien verfügt mit Temelin und Dukovany über zwei AKW-Standorte. Umweltschützer kritisieren die beiden Anlagen seit Jahren als störanfällig und veraltet. Temelin ist nur rund 60 Kilometer von den Grenzen zu Deutschland und Österreich entfernt.

Für Aufregung sorgte am Mittwoch auch ein Interview von Handels- und Industrieminister Karel Havlicek, der nach dem Ausbau von Dukovany auch eine Diskussion über die Erweiterung von Temelin in Aussicht gestellt hatte. Es sei nämlich „völlig unrealistisch“, Kohle durch erneuerbare Energie und Gas zu ersetzen. Ex-Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und der oberösterreichische Umweltlandesrat Rudi Anschober (Grüne) reagierten scharf.

FPÖ-Umweltsprecher Walter Rauch forderte die EU zum Einschreiten gegen die tschechischen „Atomfantasten“ auf. „Tschechien entwickelt sich immer mehr zum Pulverfass für Europa“, schrieb Rauch in einer Aussendung. Es könne nicht sein, dass die meisten europäischen Staaten auf erneuerbare Energien setzen und ihre Hausaufgaben machen, Tschechien aber nicht. „Ein weiterer (Atom-)Ausbau gefährdet nicht nur Österreich, sondern ganz Europa.“

In einer tschechischen Umfrage aus dem Jahr 2015 hatten nur 9 Prozent der Befragten große Ängste vor Atomkraft geäußert, 24 Prozent hatten mittelgroße und 63 Prozent keine oder geringe Befürchtungen. Als wichtige Interessenten für den Bau neuer Reaktoren gelten das koreanische Unternehmen KHNP und die russische Rosatom.