Laut Tusk stehen Grundzüge des Brexit-Abkommens bereits

Im Ringen um ein Brexit-Abkommen stehen nach Angaben von EU-Ratspräsident Donald Tusk die Grundzüge, so dass die Verhandlungen „theoretisch“ innerhalb einiger Stunden abgeschlossen werden könnten. „Die Grundlagen einer Vereinbarung sind fertig und theoretisch könnten wir morgen diesen Deal mit Großbritannien annehmen“, sagte Tusk am Mittwoch mit Blick auf den am Donnerstag beginnenden EU-Gipfel.

„In der Theorie könnte in den kommenden sieben bis acht Stunden alles klar sein“, sagte Tusk in dem in Brüssel geführten Interview. Ein Abkommen über den britischen EU-Austritt sei wichtig, „um Chaos zu vermeiden“. „Alles geht in eine gute Richtung, aber wie Sie sicher bemerkt haben, ist beim Brexit und unseren britischen Partnern alles möglich“, fügte der EU-Ratspräsident hinzu.

Tusk hob hervor, dass er ursprünglich gehofft habe, dass ein fertig ausverhandelter Rechtstext bereits am Mittwochvormittag vorliegt, so dass die übrigen EU-Mitgliedstaaten rechtzeitig vor dem EU-Gipfel über den neuen Brexit-Deal hätten informiert werden können. „Gestern Abend war ich bereit zu wetten, dass alles geregelt und vereinbart ist, heute gibt es bestimmte Zweifel auf britischer Seite“, führte der EU-Ratspräsident aus. „Wir werden sehen, ich bin immer noch hoffnungsvoll.“

Die Verhandler von Großbritannien und der EU hatten am Dienstag stundenlang bis Mitternacht um ein Brexit-Abkommen gerungen, am Mittwoch setzten sie ihre Bemühungen fort. Der EU-Unterhändler Michel Barnier erklärte am Mittwoch, es gebe „noch eine Reihe bedeutender Probleme zu lösen“. Ähnlich äußerte sich die Regierung in London.

Der britische Premierminister Boris Johnson will sein Land am 31. Oktober aus der EU führen, notfalls auch ohne Abkommen mit der EU. Allerdings hatte das britische Parlament Johnson im September per Gesetz dazu verpflichtet, eine Brexit-Verschiebung zu beantragen, sollte es bis zum 19. Oktober keine Einigung mit der EU auf ein Abkommen geben.

Österreich kann sich eine eventuelle Verschiebung des Brexit-Datums vorstellen. Das deuteten Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein und Außenminister Alexander Schallenberg am Mittwoch an. Es werde aber keinen „Blanko-Scheck“ geben, betonte Schallenberg im EU-Hauptausschuss des Nationalrats zur Vorbereitung des EU-Gipfels. „Wir sind bestmöglich auf einen ungeregelten Brexit vorbereitet“, betonte Bierlein. Nach derzeitigem Stand werde es aber möglicherweise auf eine Verschiebung des Austrittsdatums der Briten hinauslaufen, sagte die Bundeskanzlerin.

Schallenberg betonte, dass es aus der Sicht Österreich eine „gute Begründung von britischer Seite“ werde geben müssen, wenn die Briten das Austrittsdatum des 31. Oktober verschieben wollen. „Es wird von unserer Seite keinen Blankoscheck geben können“, also keine „Verschiebung nur der Verschiebung willen“, betonte er. Wenn es aber um technische Details zur Umsetzung eines Austrittsabkommens gehe oder es ein „politisches Erdbeben“ in Großbritannien gebe, könne man sich eine Verschiebung bis Ende Jänner 2020 vorstellen.

Österreichs rote Linien seien die Wahrung der Rechtssicherheit und faire Wettbewerbsbedingungen mit Großbritannien. Nach Gesprächen mit dem EU-Verhandler Michel Barnier sei er „zuversichtlicher“, dass ein Deal noch erreicht werden könne, ergänzte Schallenberg. Es habe in den Verhandlungen mit der Regierung von Premier Boris Johnson zuletzt „Bewegung“ gegeben.

Nach derzeitigem Stand soll Großbritannien die EU am 31. Oktober verlassen. In Brüssel wird selbst bei einem Abkommen eine „technische Verlängerung“ beim Brexit als wahrscheinlich betrachtet. Denn die Zeit, um eine Vereinbarung in den Parlamenten zu ratifizieren, gilt bis Ende Oktober schon jetzt als zu knapp.