Deutscher Bundestag gedenkt der Opfer von Halle

Der Deutsche Bundestag hat am Donnerstag der Opfer des Attentats von Halle gedacht. „Der Anschlag hat das bedrohliche Ausmaß rechtsextremer Gewaltbereitschaft offenbart“, sagte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. „Die zufällig in die Schusslinie Geratenen sind Opfer eines terroristischen Aktes geworden.“ Die Tat sei dem klaren Ziel gefolgt, „möglichst viele Juden zu töten“.

Dass noch in Twitter-Reaktionen auf diese von Judenhass getriebene Tat weiter mit Ausgrenzung von Menschen gespielt werde, sei „unerträglich“, fügte Schäuble hinzu. Das gelte auch für den Versuch, „durch deren Retweet die Grenzen des Anstands weiter auszutesten“. Wer das mache, stelle sich außerhalb des Grundkonsenses, auf dem die demokratische Ordnung basiere. „Das gilt erst Recht für Mitglieder dieses Hauses“.

Zuvor war der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner kritisiert worden. Er hatte einen Tweet geteilt, in dem nach dem Anschlag zu lesen war, dass Politiker vor Synagogen „lungern“. Dies spielte offenbar auf die öffentlichen Solidaritätsversammlungen bei jüdischen Gotteshäusern an. Zudem bezeichnete Brandner den Publizisten und ehemaligen Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman, als „deutschen Michel“. Brandner ist Vorsitzender des Bundestags-Rechtsausschusses.

„Wir stehen in der Pflicht, die Versäumnisse im Kampf gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus aufzuarbeiten“, sagte Schäuble weiter. Es müsse schnell und umfassend geprüft werden, wie die bestehenden Rechtsgrundlagen konsequenter angewandt werden können - und welche zusätzlichen Mittel und Maßnahmen notwendig sind, um effektiv gegen grenzüberschreitende rechtsextreme Netzwerke vorgehen zu können.

Schäuble betonte aber zugleich, dass die überwältigende Mehrheit der Menschen in Deutschland den Anschlag als Schande empfinde. Viele hätten in Mahnwachen ihre Anteilnahme bekundet - und ihre Solidarität, damit Juden in Deutschland ihren Glauben offen leben können.

In Halle hatte vergangene Woche ein bewaffneter Mann während der Feierlichkeiten zum jüdischen Feiertag Yom Kippur versucht, in die Synagoge einzudringen. Nachdem ihm dies nicht gelang, erschoss er den Ermittlungen zufolge auf offener Straße zwei Menschen und verletzte zwei weitere schwer. Der 27-Jährige sitzt in Untersuchungshaft, er hat die Tat gestanden.

Eine eher unscheinbare Tür rettete bei dem Anschlag wohl Dutzenden Menschen das Leben. Die jüdische Gemeinde will die Holztür nach Beratungen mit Sicherheitsexperten nun austauschen, aber erhalten - als Mahnmal, wie der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, Max Privorozki, sagt. Es gebe viele Ideen, wo sie künftig stehen könnte. „Möglicherweise werden wir sie außerhalb der Synagoge in den Hof stellen, damit man, wenn man in die Synagoge kommt, sieht, wie uns diese Tür gerettet hat.“

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Vielleicht werde die Tür auch in der Stadt stehen. „Wir haben das noch nicht entschieden“. Dies werde voraussichtlich im Dezember auf der ordentlichen Repräsentantenversammlung der Gemeinde geschehen. „Die Tür wird nicht weggeschmissen“, betonte Privorozki.