Zwei Hausdurchsuchungen im Fall der isolierten Familie

Im Zuge der Ermittlungen zum Fall einer isoliert lebenden Familie in der niederländischen Ortschaft Ruinerwold haben die Behörden in der rund 15 Kilometer entfernten Ortschaft Zwartsluis zwei Hausdurchsuchungen durchgeführt. Zudem werden die Räume auf dem Bauernhof in Ruinerwold digital erfasst, „um sich einen vollständigen Überblick zu verschaffen“, schrieb die Polizei in einer Stellungnahme.

„Die forensische Ermittlungsabteilung wird dabei von Kollegen der Nationalen Einheit unterstützt“, hieß es vonseiten der Behörde in der Provinz Drenthe, die Untersuchung der Räume wurde am Donnerstag fortgesetzt. Zu den beiden Hausdurchsuchungen in Zwartsluis wollte die Exekutive vorerst keine weiteren Informationen veröffentlichen, hieß es auf deren Twitter-Account.

Die niederländische Regionalzeitung „De Stentor“ berichtete, dass die Hausdurchsuchungen am Mittwochnachmittag stattgefunden haben. Eine fand in einem Gebäude, in dem bis vor zehn Jahren ein Spielwarengeschäft untergebracht gewesen war. Das Geschäft wurde demnach von dem inzwischen bettlägerigen Vater der Familie in Ruinerwold betrieben.

Das Gebäude soll schon länger zum Verkauf stehen, Mieter seien der besagte Vater und der 58-jähriger Österreicher, der am Mittwoch wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung festgenommen worden war. Über die zweite Hausdurchsuchung, von der die Polizei in Drenthe berichtete, war indes weniger bekannt. Es seien mehrere Ordner sichergestellt worden, hieß es lediglich.

Nach dem bisherigen Wissensstand hat sich der 58-jährige Österreicher vor neun Jahren in den Niederlanden niedergelassen. Wie er die Familie kennengelernt hat und warum die Kinder und der Vater in dem von ihm angemieteten Gebäude wohnten, ist unklar. Der Österreicher selbst dürfte nämlich nicht dort gelebt haben. Nach Angaben der deutschen Nachrichtenagentur dpa kam er nur regelmäßig vorbei und hat Reparaturarbeiten erledigt.

Die Mutter dürfte bereits 2004 gestorben sein, seitdem kümmerten sich die Kinder auch um den Vater, der zuletzt bettlägerig war. Am Montag ging schließlich der älteste Sohn in ein Lokal und berichtete dem Wirten, dass er weggelaufen sei, Hilfe brauche und nicht mehr nach Hause könne. Der 25-Jährige habe auch geschildert, dass er neun Jahre lang nicht mehr draußen gewesen sei. Daraufhin hatte der Gastwirt die Polizei eingeschaltet. Er beschrieb den jungen Mann als „sehr verwirrt“, er habe außerdem auf eine kindliche Weise gesprochen.

Laut Medienberichten soll es noch drei weitere Familienmitglieder geben. Bisher ging man von sechs Kindern im Alter von 18 bis 25 Jahren und dem bettlägerigen Vater aus. Der Lokalsender „RTV Drenthe“ berichtete nun, dass es noch drei ältere Töchter geben soll. Sie sollen älter als 25 Jahre sein, ihr Aufenthaltsort sei unbekannt. Inzwischen seien die sieben Personen von einem Arzt untersucht worden, hieß es auf dem Internetportal der niederländischen Polizei.

Die zuständige Polizeibehörde bestätigte auf Anfrage der APA, dass die Exekutive auf dem Bauerhof selbst auf sechs Personen traf. Der 25-Jährige, der am Montag in einem Wirtshaus um Hilfe gebeten hat, war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auf dem Gelände anwesend. Alter und die Identitäten der sieben Personen sind weiterhin Gegenstand der Ermittlungen. Sie selbst gaben an, dass sie eine Familie seien: ein Vater und sechs seiner Kinder.