„Für Ruhm und Ehre bei der WM“: Dopingsünder Max Hauke verurteilt
Schwerer Betrug, fünf Monate bedingte Haft, 480 Euro Geldstrafe, 15.000 Euro an die Republik: Mit dem Dopingprozess von Ex-Langläufer Max Hauke schritt die Aufarbeitung des Seefelder WM-Skandals voran.
Von Reinhard Fellner und Florian Madl
Innsbruck – Die Bilder gingen über soziale Medien im Februar 2019 um die Welt: der steirische Langläufer Max Hauke, wie er mit einer Nadel am auf Sofapolstern gelagerten Oberarm in die Kamera eines Polizisten schaut. Der gefüllte Beutel daneben ließ auf Eigenblutdoping schließen, die Razzia im Zuge der „Operation Aderlass“ warf einen Schatten auf die nordische Heim-WM in Seefeld.
Das Szenario sei ihm „wie in Guantanamo“ vorgekommen, spielte Haukes Verteidiger gestern am Innsbrucker Landesgericht beim Prozess um Sportbetrug noch einmal auf diese „Folter in höchster Qualität“ an – und verwies mit markigen Worten auf den Opferstatus seines Mandanten. Der sei, was Dopingmissbrauch betrifft, geständig, nicht jedoch im Hinblick auf die kolportierte Schadenshöhe: über 50.000 Euro. Kurios: Weder Ausrüster Fischer noch der Tourismusverband Ramsau wähnen sich als Geschädigte, der Verteidiger verwies sogar auf die ungewollte Öffentlichkeitswirksamkeit des zuvor weitgehend unbekannten Max Hauke.
„Bewusst in die falsche Richtung abgebogen“
Der stand gestern wie schon beim fragwürdigen Video im Mittelpunkt, diesmal jedoch richteten sich die Augen von Journalisten und Richterin Martina Eberherr direkt auf ihn. Staatsanwalt Dieter Albert warf dem 27-Jährigen vor, seit der Saison 2015/16 die Anti-Doping-Regeln verletzt zu haben. Er soll Blutdoping betrieben und dadurch Preisgelder und Sponsoring von über 50.000 Euro erlangt haben. Ankläger Albert ließ keinen Zweifel an Vorsatz und Verwerflichkeit: „Der Angeklagte stand einst an der Kreuzung seines Lebens und ist bewusst in die falsche Richtung abgebogen. Er hat ganz genau gewusst, dass er beim ÖSV Anti-Doping-Regeln unterzeichnet.
Was ist die „Operation Aderlass“
Bei der „Operation Aderlass“ handelt es sich um eine internationale Blutdopingaffäre, die vergangenen Februar während der Nordischen WM in Seefeld sowie in Deutschland losgetreten worden ist. Die Liste der mutmaßlich in den Blutdoping-Skandal um den deutschen Arzt Mark S. verwickelten Sportler soll 21 Namen aus acht Länder und fünf Sportarten umfassen. Darunter sind neben den beiden Radsportlern Stefan Denifl und Gregor Preidler auch die österreichischen Skilangläufer Max Hauke, Dominik Baldauf und Johannes Dürr.
Die steirische Mountainbikerin Christina Kollmann-Forstner hatte sich nach ihrem im Zuge der Affäre nachgewiesenen Blutdoping wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs bereits vor Gericht verantworten müssen. Bei dem Verfahren wurde die Marathon-WM-Zweite im August nicht rechtskräftig zu acht Monaten Haft bedingt auf drei Jahre verurteilt. Sie soll 42.000 Euro an Sponsorengeldern auf unlautere Weise erlangt haben.
Hauke wurde am Mittwoch vor dem Landesgericht Innsbruck zu einer bedingten Haftstrafe von fünf Monaten sowie einer Geldstrafe von 480 Euro verurteilt - ebenfalls nicht rechtskräftig. Der ehemalige Langläufer muss zudem 15.000 Euro seiner Sporterlöse an die Republik abführen.
Aber er geht an den Start, täuscht Veranstalter, Kollegen und Vertragspartner und gibt vor, ein sauberer Sportler zu sein!“ Und: „Oder meinen Sie, dass Sie Bundesheer, Polizei angestellt oder Sponsoren unterstützt hätten, damit Sie sich unlauterer Mittel bedienen?“, rief Staatsanwalt Albert beim Plädoyer in Richtung Hauke.
Erinnerung ließ Hauke im Stich
Und wie so oft bei vergangenen Dopingprozessen im Zuge der „Operation Aderlass“, deren Verbindungsglied der Erfurter Sportarzt Mark Schmidt darstellt, schien auch gestern den Ex-Langläufer die Erinnerung im Stich zu lassen:
Von einer Blutabnahme 2015 in einem Ort nahe Kitzbühel, an der auch sein bereits überführter Kollege Harald Wurm teilnahm, weiß er nichts mehr. Von einem Treffen an der Raststätte Irschenberg, dokumentiert über abgefangenen SMS-Verkehr, auch nichts. Damals war von Insulin und Eisen die Rede – aber ob das alles wirklich für ihn gewesen sei?
„Moritz“, so der Codename von Max Hauke, war zwar Adressat. Aber Adressaten gab es im Zuge der Causa „Aderlass“ einige. 21 Sportler aus acht Ländern und fünf Sportarten nannte die Justiz bereits.
Was ihn denn motiviert habe, wurde Hauke gefragt? „Sicher nicht für Geld hab’ ich gedopt, sondern für Ruhm und Ehre. Ich wollte bei der Heim-WM noch einmal glänzen.“ Mangels entsprechender Ergebnisse sei er in die Zwickmühle geraten und zur falschen Erkenntnis gelangt, „dass ohne Doping ohnehin nichts geht“. Als Mitwisser wurde der Servicemann einer Skifirma genannt, außerdem der frühere Cheftrainer Gerald Heigl.
Der zwischenzeitliche sechste Platz im WM-Teamsprint mit dem ebenfalls verurteilten Zimmerkollegen Dominik Baldauf stellte ein kleines Hoch dar, der Rest ist bekannt.
Richterin: „Kombinierte Sanktion gerechtfertigt“
Richterin Eberherr fällte darauf eine wohlüberlegte Entscheidung. So schloss die Richterin die von der Verteidigung beantragte Diversion für Hauke kategorisch aus. So könne bei diesem Doping-Fall nämlich nicht mehr von geringer Schuld gesprochen werden, zudem würden auch generalpräventive Erwägungen – nicht zuletzt die Benachteiligung anderer Sportler durch Doping – nach strafrechtlicher Verurteilung verlangen.
Aufgrund einer errechneten Schadenssumme von 34.000 Euro und des Entfalls belegbarer Gewerbsmäßigkeit fiel für Hauke der Strafrahmen jedoch von fünf (laut Anklage) auf drei Jahre Haft. „Eine kombinierte Sanktion ist in Ihrem Fall gerechtfertigt. Fünf Monate bedingte Haft und unbedingte 480 Euro Geldstrafe“, so Richterin Eberherr. Die Geldstrafe fiel so niedrig aus, da Hauke als Student derzeit praktisch einkommenslos ist. 15.000 Euro seiner durch Doping erlangten Einkünfte muss er aber trotzdem an die Republik abliefern. Der gestrauchelte Athlet erhob sofort Nichtigkeitsbeschwerde.
Peter Schröcksnadel, Präsident des Österreichischen Skiverbands, begrüßte das rigorose Vorgehen: „Ich bin voll dafür, dass man in solchen Fällen ein Zeichen setzt.“ Ein Athlet koste den Verband pro Saison und abhängig von der jeweiligen Disziplin 30.000 bis 80.000 Euro. Der ÖSV wollte beim Prozess gestern übrigens Ausbildungskosten von Hauke zurückfordern. Dies wurde aber zurückgewiesen, da der ÖSV in der Anklage schlicht nicht vorkam.